Die Weltbank: Ein milliardenschwerer Geldgeber in der Kritik

Nach Jahren der Krisen, Kriege, hohen Inflationsraten und steigenden Zinsen macht ein milliardenschwerer Finanzier immer häufiger Schlagzeilen: Die Weltbank. Ein Name, der auf den ersten Blick an ein prunkvolles Gebäude auf einem Berg erinnert, das alles Geld der Welt verwaltet.

Doch so ganz stimmt das nicht. Sie hantiert zwar mit großen Geldmengen, hat ihren Sitz aber im stickigen Washington D.C..

Weltbank: Zwischen Armutsbekämpfung und wirtschaftlicher Entwicklung

Die Weltbank ist keine klassische Bank mit Geldautomaten und Girokonten für Privatkunden, sondern eine so genannte Entwicklungsbank. Sie wurde 1944 von den Vereinten Nationen gegründet, um dem zerstörten Europa nach dem Zweiten Weltkrieg beim Wiederaufbau zu helfen. Im Laufe der Zeit haben sich die Aufgaben gewandelt. Heute bekämpft sie Armut und fördert die wirtschaftliche Entwicklung, indem sie Kredite an Entwicklungs- und Schwellenländer vergibt.

Die Weltbankgruppe – Mehr als nur eine Bank

Hinter der Weltbank verbirgt sich keine einzelne Institution, sondern eine Gruppe von fünf Organisationen, die Weltbankgruppe. Zur Weltbank im engeren Sinne gehören heute die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD) und die Internationale Entwicklungsorganisation (IDA). Beide Institutionen sind marktorientierte Non-Profit-Organisationen.

Die IBRD wurde 1944 auf der Konferenz von Bretton Woods zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) als erste Institution der Gruppe gegründet. Die anderen Institutionen der Weltbankgruppe konzentrieren sich auf die Förderung des Privatsektors und die Schlichtung von internationalen Investitionsstreitigkeiten.

Derzeit zählt die Weltbank 189 Staaten zu ihren Anteilseignern. Deutschland ist seit 1952 Mitglied der Weltbank und hält einen Stimmrechtsanteil von rund 4,3 Prozent. Damit ist Deutschland viertgrößter Anteilseigner.

Die Stimmrechtsanteile richten sich nach der Wirtschaftskraft der jeweiligen Staaten. Nur die USA, Japan und China verfügen über mehr Stimmrechte.[1]

Wohin genau fließt das Geld?

Oberstes Ziel der Kreditvergabe der Weltbank ist die Armutsbekämpfung. Projekte, die die Lebensbedingungen armer Menschen verbessern und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in armen Ländern fördern, haben daher hohe Priorität. Dazu gehören unter anderem Infrastrukturprojekte wie der Bau von Straßen, Energie- und Wasserversorgung.

Einige dieser von der Weltbank geförderten Infrastrukturprojekte sind in der Vergangenheit in die Kritik geraten, weshalb in Zukunft unter anderem die Beteiligung der Gesellschaft und die Umsetzung von Umwelt- und Sozialstandards zunehmend an Bedeutung gewinnen werden.

Weltbank: Förderungsfokus in Akrika

Die meisten aktiven Projekte, die von der Weltbank unterstützt werden, befinden sich derzeit im östlichen und südlichen Afrika. Das meiste Geld fließt in Projekte in den Bereichen öffentliche Verwaltung, Gesundheit und Landwirtschaft. Insgesamt sind derzeit mehr als 50 Milliarden US-Dollar in aktive Projekte der öffentlichen Verwaltung investiert.[2]

Weltbank: Projektförderung in Abhängigkeit zum Weltgeschehen

Die Projekte der Weltbank hängen aber auch immer vom aktuellen Weltgeschehen ab. Zur Bekämpfung der Ebola-Krise 2014 mobilisierte die Weltbank rund 1,6 Milliarden US-Dollar. Im Jahr 2021 hat sie 280 Millionen US-Dollar für die Nahrungsmittel- und Gesundheitsversorgung nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan bereitgestellt. Und 13 Milliarden US-Dollar, um die wirtschaftlichen Auswirkungen nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine 2022 abzufedern.

Woher kommen die vergebenen Milliarden?

Die Weltbank finanziert sich im Wesentlichen aus zwei Quellen. Zum einen zahlen die Mitgliedsländer jährliche Beiträge an die Institutionen der Weltbank. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sieht im Bundeshaushalt 2023 Ausgaben an die Weltbankgruppe in Höhe von knapp 913 Millionen Euro vor.[3]

Damit wird ein Teil der Finanzierung auch aus Steuergeldern bestritten. Der größere Teil der Mittel wird jedoch durch die Ausgabe von Anleihen, also am Finanzmarkt, finanziert.

In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Weltbank als Entwicklungsbank kaum von einer herkömmlichen Bank. Im Jahr 2023 beliefen sich die Schuldverschreibungen der IBRD auf ein Gesamtvolumen von rund 43 Mrd. USD. Darüber hinaus erhält die Weltbank Rückzahlungen von den Ländern, die ihre Kredite erhalten haben.[4]

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Die Kritik an der Weltbank

Die Kritik an der Weltbank hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Es wird in Frage gestellt, ob die Weltbank in ihrer heutigen Form eine sinnvolle Institution ist. Sie wurde 1944 für einen anderen Zweck gegründet und ihre Strukturen hätten sich nicht an die neuen Ziele angepasst. Inzwischen gibt es einige Alternativmodelle zur Weltbank. Bereits in den 1960er Jahren gründeten mehrere afrikanische Länder die African Development Bank Group. 2014 wurde beispielsweise die New Development Bank gegründet, der China, Südafrika, Russland, Indien und Brasilien beigetreten sind. Seit 2015 gibt es die Asian Infrastructure and Investment Bank.

Weltbank: Geprägt von undemokratischen Strukturen?

Kritiker bemängeln außerdem die undemokratische Struktur der Weltbank. Dieses Überbleibsel aus der Gründungszeit vor 80 Jahren führt dazu, dass der globale Norden eine deutlich größere Entscheidungsmacht in dieser Institution hat als der globale Süden. Dies hat zur Folge, dass insbesondere ärmere Länder, denen diese Institution eigentlich dienen sollte, weniger Einfluss auf die Entscheidungen haben.

Weltbank: Kritik an Privatisierungsmaßnahmen

Ein weiterer Kritikpunkt sind die so genannten Strukturanpassungsprogramme (SAPs). Dabei handelt es sich um wirtschaftliche Reformen, die ein Land durchführen muss, wenn es von der Weltbank einen Kredit für ein Projekt erhalten will. Ziel ist es, makroökonomische Stabilität und langfristiges Wachstum zu fördern. So waren beispielsweise Privatisierungsmaßnahmen als Bedingung für Weltbankkredite umstritten.

Ende der 1990er Jahre sah sich Bolivien auf Druck der Weltbank gezwungen, die Wasserversorgung zu privatisieren. Die Firma Bechtel übernahm damals mit Unterstützung der Weltbank die Kontrolle über die Wasserversorgung im Großraum Cochabambas, der drittgrößten Stadt Boliviens.

Nach der Übernahme stiegen die Wasserpreise drastisch an und es kam zu Unruhen und Protesten der Bevölkerung, die sich über mangelnde Mitbestimmung beklagte.

Dieses Beispiel zeigt, dass Privatisierungsmaßnahmen als Bedingung für Weltbankkredite zu sozialen und politischen Unruhen führen kann und die lokale Souveränität in Frage stellen können.

Weltbank: Kritik an schwache Umwelt- und Sozialstandards

Zudem wird der Weltbank vorgeworfen, zu wenig auf Umwelt- und Sozialstandards zu achten. Als Beispiel wird häufig das Projekt am Rio Magdalena in Kolumbien genannt. Der Rio Magdalena ist der wichtigste Fluss Kolumbiens und sollte durch eine Vertiefung schiffbarer gemacht werden. Auch dieses Projekt wurde von der Weltbank unterstützt und später gestoppt, da es sonst erhebliche negative Auswirkungen auf die Feuchtgebiete und die Biodiversität gehabt hätte.[5]

Die Reformagenda der Weltbank Ende 2023

Kritik an der Weltbank gibt es genug. Immerhin: Die Weltbank zeigt sich veränderungsbereit. In Marrakesch haben die Anteilseigner Ende 2023 eine Reform beschlossen, die der Weltbank zum einen ein neues Leitbild gibt. Die Weltbank arbeitet künftig unter der Mission: Eine Welt ohne Armut auf einem lebenswerten Planeten.

Damit soll unterstrichen werden, dass immer mehr Investitionen zum Klimaschutz und anderen globalen Entwicklungszielen führen werden.

Dabei sollen künftig verstärkt Finanzierungsanreize für Projekte gesetzt werden, die nicht nur einzelnen Ländern, sondern der ganzen Welt zugutekommen. Die stärkere Fokussierung auf sogenannte globale öffentliche Güter soll neben Klimaschutzprojekten auch Projekte wie Impfkampagnen zur Verbesserung der globalen Gesundheit über Ländergrenzen hinweg fördern.[6]

Weltbank: Fazit der größten Reform

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Weltbank mit ihrem hehren Ziel reformieren muss. Auch wenn im Oktober 2023 die wohl größte Reform der 80-jährigen Institution beschlossen wurde, bleiben einige Kritikpunkte bestehen. Dazu zählt vor allem die Stimmrechtsverteilung der Mitgliedsländer, die von den wirtschaftlich starken Staaten dominiert wird. Diese Entscheidungsmacht der vorwiegend westlichen Staaten über Projekte in Regionen wie Afrika stößt vielen Kritikern sauer auf.

Wir bedanken uns bei Jan Mooren für die tatkräftige Unterstützung zu diesem Beitrag.

Bild von Unsplash von Jon Tyson.


[1] Quelle: https://thedocs.worldbank.org/en/doc/329671541106474760-0330022021/original/IBRDEDsVotingTable.pdf, 29.11.2023 10 Uhr.

[2] Quelle: https://maps.worldbank.org/projects?status=active, 29.11.2023 10 Uhr.

[3] Quelle: https://www.bundeshaushalt.de/static/daten/2023/soll/epl23.pdf, 29.11.2023 10 Uhr.

[4] Quelle: https://openknowledge.worldbank.org/entities/publication/4683db9c-31bb-4bb0-9e00-ed6dc6aeae86, 29.11.2023 10 Uhr.

[5] Quelle: https://www.boell.de/sites/default/files/uploads/2018/11/history-repppeated-german.pdf, 29.11.2023 10 Uhr.

[6] Quelle: https://www.bmz.de/de/aktuelles/aktuelle-meldungen/einigung-auf-weltbank-reform-182518, 29.11.2023 10 Uhr.

Simon Landt

Autor: Simon Landt

Simon Landt hat einen Bachelor der Volkswirtschaftslehre der Universität Kiel sowie einen Master in Quantitative Finance und in Quantitative Economics an der Universität Kiel und an der School of Economics and Business der Universität Ljubljana absolviert. Nach seinem einjährigen Traineeprogramm startete er als Analyst im Makro Research. Seit Oktober 2021 arbeitet Simon Landt im Makro Research zusammen mit Carsten Klude und Dr. Christian Jasperneite. Er ist spezialisiert auf Analysen des aktuellen Marktumfeldes und die Bedeutung für Aktien- und Anleihenmärkte. Seit März 2024 unterrichtet Simon Landt den Masterkurs „Portfolio- und Assetmanagement“ an der Northern Business School.

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