Wer wird „Wachstumsweltmeister“ 2021?

Nachdem es 2020 aufgrund der Corona-Pandemie zu einem heftigen globalen Konjunktureinbruch kam, könnte 2021 für einige Länder ein Jahr der Rekorde werden. In welchen Volkswirtschaften die wirtschaftliche Dynamik besonders stark ist.

Das Jahr 2020 war aufgrund der Corona-Pandemie auch aus konjunktureller Sicht eine regelrechte Katastrophe. Zwar liegen noch nicht von allen Ländern Daten über deren Wirtschaftswachstum vor, doch geht der Internationale Währungsfonds davon aus, dass die globale Wertschöpfung im vergangenen Jahr um 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken ist. Unsere Auswertung der von 46 Ländern vorliegenden Wachstumsraten zeigt, dass es nur drei Länder gab, die selbst im vergangenen Jahr eine positive Entwicklung verzeichnen konnten:

  • Taiwan mit einem realen BIP-Wachstum von 3,1 Prozent,
  • Irland mit einem Zuwachs von 2,5 Prozent und
  • China mit einer Wachstumsrate von 2,4 Prozent.
  • Am Ende dieses Rankings finden sich Spanien mit -11,0 Prozent, Großbritannien mit -9,9 Prozent, die Philippinen mit -9,3 Prozent und Italien mit -8,9 Prozent.

Weltwirtschaft kommt noch mit einem blauen Auge davon

Zwischenzeitlich wurde sogar mit einem deutlich stärkeren Konjunktureinbruch gerechnet. Doch dank der schnellen Erholung in der zweiten Jahreshälfte, die durch die äußerst expansive Geld- und Fiskalpolitik begünstigt wurde, kam die Weltwirtschaft insgesamt noch mit einem blauen Auge davon. Für die meisten Länder Europas gilt diese Aussage allerdings nicht, denn der alte Kontinent wurde wirtschaftlich gesehen von der Corona-Krise überdurchschnittlich hart getroffen. Für das Krisenmanagement, dessen man sich hier häufig rühmt, kann man Europa für 2020 wahrlich kein gutes Zeugnis ausstellen.

Diese Länder haben 2021 die besten Chancen, das stärkste Wachstum zu verzeichnen

Doch schauen wir nach vorn und nicht in den Rückspiegel. Für unsere inoffizielle Wachstumsweltmeisterschaft wollen wir nicht allein auf die absolute Höhe der Wachstumsraten schauen, sondern die Titelvergabe auch vom Impuls abhängig machen, der von diesem Land für das gesamte globale Wirtschaftswachstum ausgeht.

Uns interessiert also der Zusammenhang von Wachstum und Größe einer Volkswirtschaft.

Dabei richtet sich der Blick automatisch auf die größten Volkswirtschaften der Welt. Nutzt man die Daten des IWF, bei denen die jeweilige nominale Wirtschaftsleistung in US-Dollar umgerechnet ist, sind diese Länder die größten Volkswirtschaften der Welt:

  1. Die USA liegt nach wie vor vorne,
  2. gefolgt von China,
  3. Japan,
  4. Deutschland und
  5. Großbritannien.
  6. Danach folgen Indien, Frankreich, Italien, Kanada und Südkorea.

Wie man an dieser Rangfolge sieht, gehören Italien und Kanada genau genommen gar nicht mehr zu den sogenannten G7-Ländern. In den nächsten Jahren wird Frankreich und Großbritannien dasselbe Schicksal ereilen, da auch Russland und Brasilien deutlich schneller wachsen und damit im Ranking an beiden Ländern vorbeiziehen werden.

2050 dürfte die Weltwirtschaft dann von Ländern geprägt werden, die heute nur eine geringe Rolle spielen.

Denn der langfristig entscheidende Faktor für das Wachstumspotenzial einer Volkswirtschaft ist der Faktor Mensch.

Länder, deren Bevölkerung stark wächst, haben zukünftig die besten Chancen auf den Wachstumstitel. Neben den bereits genannten Schwellenländern zählen dazu vor allem Indonesien, Nigeria, Mexiko und Pakistan. Die heute noch dominierenden „alten“ Industrieländer werden höchstwahrscheinlich deutlich an Einfluss verlieren – es sei denn, sie können ihren Nachteil beim Arbeitskräftepotenzial durch eine höhere Produktivität ausgleichen. Warten wir es ab.


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USA und China: Wer macht das Rennen?

Für die Frage, welches Land die Weltwirtschaft in diesem Jahr entscheidend prägen wird, spielen diese langfristigen Überlegungen jedoch keine Rolle. Angesichts ihrer Größe kommen ohnehin nur zwei Länder für das Endspiel in Frage: die USA und China.

In den letzten Jahren war dieses „Endspiel“ eine ziemlich einseitige Angelegenheit, da die USA trotz ihres größeren Gewichts von etwa 25 Prozent im Vergleich zu China mit rund 15 Prozent in den vergangenen Jahren real nur um 2,3 Prozent pro Jahr gewachsen sind, während die chinesische Wirtschaft p.a. um 7,7 Prozent zulegen konnte.

Doch haben die USA in diesem Jahr vielleicht die besseren Karten?

Schließlich profitiert die US-Wirtschaft nicht nur von einem schnellen Impffortschritt (mittlerweile haben fast 35 Prozent der Bevölkerung eine Impfdosis erhalten und bis Mai soll allen US-Bürgern ein Impfangebot unterbreitet werden), sondern auch von einem gigantischen Konjunkturprogramm.

So hat die neue Regierung von Joe Biden ein Konjunkturpaket im Gesamtvolumen von 1,9 Billionen US-Dollar verabschiedet. Dies entspricht gut neun Prozent des US-BIP des vergangenen Jahres. Hinzu kommen die beiden Fiskalpakete des letzten Jahres: Im März 2020 beschloss die Trump-Administration Konjunkturhilfen von insgesamt 1,7 Billionen US-Dollar, im Dezember kamen weitere Hilfen in einem Umfang von mehr als 900 Milliarden US-Dollar hinzu.

Alles in allem summieren sich die fiskalpolitischen Maßnahmen der vergangenen 12 Monate also auf 4,5 Billionen US-Dollar bzw. gut 20 Prozent der US-Wirtschaftsleistung! Kein Wunder also, dass viele Volkswirte ihre Wachstumsprognosen für die US-Wirtschaft zuletzt deutlich nach oben revidiert haben.

Wirtschaftswachstum der USA: Unsere Vermutung

Wir selbst rechnen nun für 2021 mit einem realen Wirtschaftswachstum von 6,6 Prozent statt wie bislang von 4,5 Prozent. Wäre das Wirksamwerden des fiskalpolitischen Impulses nicht so schwierig zu timen, könnte man die Wachstumsprognose noch deutlich stärker anheben. Dennoch bleibt die Möglichkeit bestehen, dass das Wachstum der US-Wirtschaft in diesem Jahr rekordverdächtig ausfallen wird.

Und China?

Die chinesische Regierung hat mit ihrer Zielvorgabe eines Wachstums von sechs Prozent in diesem Jahr die Latte sehr tief gehängt. Allein im ersten Quartal rechnen wir aufgrund des Basiseffektes mit einer Wachstumsrate von etwa 16 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal.

Unterstellt man „normale“ Wachstumsraten für die Folgequartale, die auf das Gesamtjahr hochgerechnet bei sechs Prozent liegen, kommt man für das Jahr 2021 insgesamt zu einer Wachstumsrate von knapp zehn Prozent. Dies wäre das stärkste Wirtschaftswachstum seit dem Jahr 2010 und würde China dem Titel als Wachstumsweltmeister einen großen Schritt näher bringen.

Aber noch sind die USA nicht aus dem Rennen. Aufgrund ihres größeren Gewichtes würde eine US-Wachstumsrate von etwa 7,5 Prozent ausreichen, einem größeren Wachstumsbeitrag für die Weltwirtschaft zu erzeugen als es bei einem zehnprozentigen Wachstum Chinas der Fall wäre.

Es verspricht somit 2021 ein spannendes Finale zu geben – dessen endgültigen Ausgang wir vielleicht erst 2022 erfahren werden. Bleiben Sie also am Ball!


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Datum dieses Beitrags: 19. März 2021

Autor: Carsten Klude

Carsten Klude studierte nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Bank VWL mit Schwerpunkt Ökonometrie in Kiel. 1996 kam er zu M.M.Warburg & CO, für die er zunächst die europäischen Kapitalmärkte analysierte und später mit der Leitung des Makro-Research betraut wurde. Seit dem Jahr 2009 ist Herr Klude Mitglied im Investmentrat von M.M.Warburg & CO und verantwortet seit dem Sommer 2013 das Asset Management der Bank. Zusätzlich ist Herr Klude seit dem Jahr 2010 Mitglied im Ausschuss für Wirtschafts- und Währungspolitik des Bundesverbandes deutscher Banken e.V., dessen Vorsitz er von 2015 bis 2018 inne hatte.

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