Bitcoin & Co: Sollten Anleger auf Kryptowährungen setzen?

Kryptowährungen haben in den letzten Jahren eine nahezu atemberaubende Wertentwicklung an den Tag gelegt. Allein in den letzten fünf Jahren hat die Kryptowährung Bitcoin gegenüber dem US-Dollar rund 16.000% an Wert zugelegt. Sollten Kryptowährungen neben Aktien und Anleihen nicht auch einen Platz in einem liquiden Portfolio bekommen?

Vor dem Hintergrund des zukünftigen Performancepotenzials ist diese Frage kaum seriös zu beantworten; neben der zu erwartenden Performance gibt es aber noch ein weiteres zentrales Kriterium, das über die Aufnahme in Multi-Asset-Portfolios entscheiden sollte: Der Diversifikationseffekt.

Wann Kryptowährungen an Attraktivität gewinnen

Wir wollen allerdings an dieser Stelle nicht darüber spekulieren, ob sich dieser für eine Währung in der Finanzgeschichte fast singuläre Wertanstieg auch nur annähernd in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Jegliche Aussage dazu wäre aus unserer Sicht so spekulativ, dass sie sich für fundamental argumentierende Volkswirte fast verbietet.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ließe sich allenfalls argumentieren, dass Kryptowährungen grundsätzlich dann weiter an Attraktivität gewinnen, wenn Notenbanken ihre primäre Rolle zunehmend in der Feinsteuerung der Konjunktur und der Refinanzierung von Staaten sehen und weniger in dem Erhalt der Geldwertstabilität. Denn dann weisen einige (nicht alle!) Kryptowährungen wie beispielsweise der Bitcoin einen grundsätzlichen Vorteil gegenüber „echten“ Währungen auf:

Während die Geldmenge klassischer Währungen beliebig ausgeweitet werden kann und zuweilen auch zum Spielball politischer Überlegungen wird, ist beim Bitcoin die maximale Menge sämtlicher jemals im Umlauf befindlichen digitalen „Münzen“ mathematisch begrenzt.

Die Knappheit dieser Währung ist quasi eine „eingebaute“ Eigenschaft, während man beim Euro oder dem US-Dollar hinsichtlich der zukünftigen Knappheit nur bedingte Aussagen treffen kann. Genau das hat Kryptowährungen schon in der Vergangenheit attraktiv erscheinen lassen und wird auch in der Zukunft für eine hohe Attraktivität sorgen.

Allerdings kennt kein Mensch die Antwort auf die Frage, wie viel dieser attraktiven Eigenschaft schon eingepreist ist

Es lässt sich keine Art von Kaufkraftparität berechnen, und auch mit Zins- und Wachstumsdifferenzen lässt sich nicht argumentieren, wenn man aus fundamentaler Sicht einen fairen Wert für Kryptowährungen herleiten möchte. So kann es nicht überraschen, dass der phänomenale Aufstieg von Bitcoin und anderen digitalen Währungen zeitweise mit erheblichen Volatilitäten einhergegangen ist. Allein in den letzten Wochen haben Bitcoins gegenüber ihrem vorherigen Höchststand bis zu 38% an Wert verloren. Trotzdem kommt ein Bitcoin-Investor, der z.B. vor drei Jahren eingestiegen ist, auch nach diesem Krypto-Crash vor Lachen kaum in den Schlaf, um es einmal etwas flapsig auszudrücken.

So ist es nur folgerichtig, dass auch immer mehr Kunden die berechtigte Frage stellen, ob Kryptowährungen aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften neben Aktien und Anleihen nicht auch einen Platz in einem liquiden Portfolio haben sollten. Vor dem Hintergrund des zukünftigen Performancepotenzials ist diese Frage wie schon oben skizziert kaum seriös zu beantworten; neben der zu erwartenden Performance gibt es aber noch ein weiteres zentrales Kriterium, das über die Aufnahme in Multi-Asset-Portfolios entscheiden sollte: Der Diversifikationseffekt.


Kryptoassets – Fluch oder Segen im Portfolio?

Der Bitcoin und andere Kryptowährungen bzw. -assets haben in den letzten Monaten einen wahren Höhenflug hingelegt. Jedoch scheiden sich bei dieser neuen Assetklasse die Geister: Während sie von den einen als „digitales Gold“ gefeiert wird, verteufeln sie die anderen als „Instrument für Zocker“. Gleichwohl stoßen Kryptoassets auf ein wachsendes Interesse bei klassischen Anlegern und viele von ihnen fragen sich, ob sie nicht einen Teil ihres Kapitals auch langfristig in diese Assetklasse investieren sollten.

Wie wir die Rolle der Risikoeigenschaften von Kryptoassets einschätzen und ob eine Beimischung in ein normales Portfolio rein mathematisch überhaupt sinnvoll ist, erfahren Sie im aktuellen Kapitalmarktkompass-Video.

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Diversifikationsaspekte werden viel zu oft unterschätzt, wenn es um die Konstruktion von Portfolios geht

Wenn man genau wüsste, wie sich welche Assetklasse in Zukunft entwickeln wird, bräuchte man nicht auf diese Dimension der Portfoliokonstruktion achten. Es würde vollkommen ausreichen, einfach ausschließlich das beste Asset mit dem größten Performancepotenzial zu kaufen. Aber gerade weil die Zukunft ungewiss ist, sollte man nicht alles auf eine Karte setzen.

Und hier kommt die Mathematik ins Spiel, denn die gleichzeitige Betrachtung von Volatilitäten und Korrelationen sowie die daraus abgeleitete Zusammenstellung von Märkten und Assetklassen ist mit dem Bauchgefühl alleine nicht mehr gut darstellbar. Vor einigen Jahren hätte man vermutlich aus Modellsicht den finanzmathematischen Großmeister Markowitz bemüht, um ein vermeintlich optimales Portfolio zu konstruieren. Heute neigt man eher dazu, um diese Lösung einen Bogen zu machen, da sie für den Optimierungszeitraum im Rückspiegel immer perfekte Ergebnisse liefert, bei einer Echtzeitanwendung dann aber nicht selten weitgehend an der Aufgabe scheitert, die Ergebnisse zu liefern, die in der Optimierungsperiode erzielt wurden.

Der Grund liegt vereinfacht gesagt darin, dass Markowitz-Ansätze nicht hinreichend robust sind, sondern immer akademisch optimale Lösungen finden, die aber nur dann in einer Echtzeitanwendung funktionieren, wenn sich gegenüber dem Optimierungszeitraum sowohl Rendite- als auch Risikoeigenschaften nicht ändern. Das aber ist eine nahezu heroische Annahme. Denn während tatsächlich Risikoeigenschaften hinreichend stabil sind, ändern sich Renditeeigenschaften oftmals noch schneller als die Wetterlage in einem typischen Hamburger Sommer.


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Der größte Einbruch der Märkte seit der Finanzmarktkrise, die Ausmaße der Corona Krise an der Börse ist immens. Welche Schlüsse ziehen wir daraus? Was sind die wirtschaftlichen Konsequenzen und was bedeutet das alles für die Kapitalmärkte und nicht zuletzt für Sie als Anleger? Zu diesem Thema spricht unser Chief Investment Officer Dr. Christian Jasperneite und beantwortet dabei auch Ihre Fragen.


Daher geht der Trend heute in die Richtung, Modelle zu verwenden

Diese Modelle kennen weder die historische Performance von Assetklassen noch die für die Zukunft. Vielmehr wird der Fokus ausschließlich auf Risiken und Diversifikationseigenschaften gelegt. Der vielleicht beste Vertreter dieser Modellgattung ist der Ansatz der maximalen Diversifikation. Hier wird ein Optimizer dazu gebracht, Märkte und Assetklassen so miteinander zu kombinieren, dass bei einem vorgegebenen Risiko (gemessen als Volatilität des Portfolios) der zu erwartende Diversifikationseffekt maximiert wird.

Aus Millionen von möglichen Portfoliostrukturen wird also die Portfoliostruktur ausgewählt, die bestmöglich Assetklassen und Märkte kombiniert, die über wenig Gleichlauf in der Wertentwicklung verfügen und sich damit in der Summe am besten ergänzen. Wir haben nun so einen Optimizer mit der Aufgabe versehen, ab Mitte 2017 Tag für Tag Portfolios zu konstruieren, die zum einen (bei maximal 50% Fremdwährungsexposure) eine maximale Volatilität von 12% aufweisen und zum anderen maximal diversifiziert sind. Dabei wurden Tag für Tag nur Daten verwendet, die historisch verfügbar waren; an keiner Stelle wurde in die Zukunft geschaut und damit Wissen unterstellt, dass zu dem Zeitpunkt gar nicht verfügbar gewesen wäre. Das Ergebnis ist eindeutig und lässt keinen Zweifel zu. Der Optimizer hätte in den letzten Jahren nahezu kontinuierlich Bitcoins beigemischt; im Durchschnitt lag das Gewicht bei etwa 10%. Nur wenige Assetklassen hätten ein noch höheres Gewicht aufgewiesen.

Unsere Antwort: Digitale Währungen können ein attraktiver Baustein in einem liquiden Portfolio sein

Auch am aktuellen Rand würde der Optimizer Bitcoins mit einem Gewicht von 12% versehen, um den Diversifikationseffekt im Portfolio zu maximieren – trotz der aktuell hohen Volatilität und wohlgemerkt komplett ohne das Wissen um die gute Wertentwicklung der Vergangenheit. Unsere anfängliche Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Beimischung von Kryptoassets (hier am konkreten Beispiel von Bitcoins) lässt sich damit eindeutig beantworten. Zumindest aus statistischer Perspektive können Bitcoins und auch andere vergleichbare digitale Währungen ein attraktiver Baustein in einem liquiden Portfolio sein.

Allein diese Tatsache dürfte dazu führen, dass sich immer mehr Anleger für diese Art von Assets interessieren und diese allokieren. Über Zertifikate oder ETN (Exchange Traded Notes) lässt sich zudem auch ohne spezielle Kryptowallets Zugang zu dieser Assetklasse finden.

Wann Anleger sich für Kryptoassets entscheiden können

Allerdings muss ein Anleger bereit sein, sich komplett neuen und sehr andersartigen Risiken zu öffnen. Man sollte sich zudem mental darauf einstellen, dass je nach momentanem Gemütszustand von Elon Musk entsprechende Twitternachrichten den Kurs von Kryptowährungen verdoppeln und halbieren können. Und dass China durch das Aussprechen von Bitcoin-Verboten ebenfalls einen massiven Einfluss auf die Wertentwicklung hat. Wer damit umzugehen weiß, kann vielleicht einen zweiten Blick auf diese Assetklasse wagen.

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Christian Jasperneite

Autor: Dr. Christian Jasperneite

Dr. Christian Jasperneite studierte an der Universität Passau VWL und promovierte anschließend an der Universität Passau am Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Harvard University begann er im Jahr 2000 als Analyst im Makro-Research von M.M.Warburg & CO. Seit Anfang 2009 ist Dr. Jasperneite Chief Investment Officer bei M.M.Warburg & CO und verantwortet dort u.a. Fragen der strategischen und taktischen Allokation sowie der Portfoliokonstruktion und der Produktentwicklung.

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