Ausblick 2020 (V): Markttechnik: Wie weit trägt die Hausse noch?

In der letzten Woche haben wir die Aussichten für die Aktienmärkte aus fundamentaler Sicht beurteilt. Kommt die Markttechnik zu denselben Aussagen?

Dem US-amerikanischen S&P 500 Index gelang es dieses Jahr eindrucksvoll, den Einbruch zum Ende des Börsenjahres 2018 zu verarbeiten. Besser noch: Durch den Ausverkauf vor 12 Monaten wurde der Aufwärtstrendkanal, der seit Mitte 2009 intakt ist, einem ernsthaften Test unterzogen und erfolgreich bestätigt. Somit waren die Weichen gestellt, nicht nur die Verluste des Jahres 2018 zu kompensieren, sondern daraufhin auch neue Allzeithochs zu etablieren.

Fibonacci, wird 2020 das Jahr der Auf- oder Abwärtsbewegungen?

Da es aktuell keine historischen Widerstandsbereiche mehr gibt und sich der Index im sogenannten „uncharted territory“ befindet, muss eine Fibonacci-Projektion helfen, eine mögliche Zielzone zu identifizieren. Diese Projektion aus der vorhergehenden Abwärtsbewegung quantifiziert das Potenzial bis mindestens 3.300 Punkte. Ein weiteres Ziel lässt sich aus dem oberen Rand des seit 1932 intakten Aufwärtstrendkanals ableiten, der sich im Jahresverlauf bei rund 3.500 Punkten bewegt. Technische Unterstützungsmarken befinden sich in Form der 2019er März- und Mai-Tiefs bei 2.750 Punkten. Auf diesem Niveau verläuft zu Jahresbeginn der untere Rand des eingangs beschriebenen Aufwärtstrendkanals seit 2009 und wenig davon entfernt bei etwa 2.600 Punkten der exponentielle 200-Wochendurchschnitt.

Doch bei aller Euphorie gilt es die Aufwärtsbewegung auch in Hinblick auf die Marktbreite zu beleuchten.

Häufig war es in der Vergangenheit so, dass eine Hausse in der Endphase nur noch durch einige wenige hoch kapitalisierte Unternehmen getragen wurde, ehe anschließend der Trendbruch erfolgte.

Deshalb werfen wir an dieser Stelle den Blick auf den marktbreiten, gleichgewichteten Value Line Arithmetic Index (VALUA), um uns ein Bild von der Marktverfassung zu verschaffen. Dieser Index bildet die Wertentwicklung von mehr als 1.600 nordamerikanischen Unternehmen ohne Berücksichtigung der jeweiligen Unternehmensgröße ab. Der VALUA befindet sich zwar ebenfalls seit 2008 in einem intakten Aufwärtstrendkanal, jedoch ist das Jahr 2019 als ernstzunehmendes Warnsignal zu betrachten.

Ausblick 2020 (IV): Wie entwickelt sich das neue Aktienmarktjahr?

Die Deeskalation zwischen China und USA, erwartete Kurspotentiale und die Arbeitsmarktentwicklung: alles was uns im Jahr 2020 beschäftigt lesen Sie hier!

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Wie entwicklet sich der S&P 500 im kommenden Jahr?

Während der S&P 500 zahlreiche neue Allzeithochs etablierte, „hinkt“ der VALUA dieser Entwicklung hinterher und bildete somit eine Divergenz aus. Umso wichtiger ist es nun, den Trendkanal zu verteidigen. Der untere Rand befindet sich im Bereich von etwa 5.800 Punkten, im Jahresverlauf steigend. Da jedoch das gesamte Jahr 2019 in Folge der Nachwehen von 2018 eine, gemessen an den Umfrageergebnissen der American Association of Individual Investors (AAII), verhaltene bis stark zurückhaltende Investorenstimmung vorherrschte und in keiner Weise Euphorie zu konstatieren war, gilt unter Contrarian-Gesichtspunkten der Trend als nicht gefährdet.

„Eine Hausse stirbt nicht an Altersschwäche, sondern in der Euphorie.“

Gleiches gilt im Übrigen für den oftmals als Angstbarometer bezeichneten VIX, den Volatilitätsindex für den S&P 500. Dieser hat im Jahr 2019 nicht annähernd die Sorglosigkeit der Jahre 2017 oder Anfang 2018 erreicht, als historische Tiefstände von 8,5 gemessen wurden. Auch der Umstand, dass 2020 ein US-Wahljahr ist, unterstreicht die These, dass 2020 ein gutes Börsenjahr erwarten lässt: Seit 1900 legte der S&P 500 im Jahr des Urnenganges zur US-Präsidentschaft im Schnitt um gut 8 Prozent zu.

Volltreffer 2019 – wohin geht der DAX 2020?

Dem heimischen DAX gelang 2019 ebenfalls ein fulminantes Comeback. Allerdings blieb der große Befreiungsschlag in Form eines neuen Allzeithochs bislang aus. Sollte die Rallye fortgesetzt werden, wovon wir ausgehen, dann ist im ersten Schritt die Marke von 14.200 Punkten zu nennen. Aus der Fibonacci-Projektion heraus – und hier zeigt sich das deutliche Nachholpotenzial – lässt sich sogar ein Ziel deutlich oberhalb von 15.000 Punkten ableiten. Auf der unteren Seite gilt es hierzu jedoch die Sommertiefs des letzten Jahres bei etwa 11.500 Punkten nicht nachhaltig zu unterschreiten, da sonst auch der mittelfristige Aufwärtstrend zur Disposition gestellt wird. Diese Marke harmoniert zusätzlich mit dem exponentiellen 200-Wochendurchschnitt, der in diesem Dunstkreis verläuft und somit die zweite Unterstützung darstellt.

Ausblick 2020 (III): Die unendliche Geschichte der Niedrigzinsen

Die Renditen sind zwischenzeitlich auf neue Tiefstände gefallen. Bedeutet dies – wie man immer häufiger hört – dass Anleihen kein Investment mehr wert sind?

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Die Statistik unterstützt auch hier die Annahme eines positiven Börsenjahres für den DAX. Denn wenn in der Geschichte auf ein negatives Börsenjahr, in diesem Fall das Jahr 2018, ein positives (2019) folgte, ging das darauffolgende Jahr noch nie in der Geschichte des DAX negativ aus.

Wo wir bei den beiden vorangegangenen Themen eine Fortsetzung der bestehenden Trendbewegung erwarten, gestaltet sich das Bild für das weltweit wichtigste Währungspaar EUR/USD ein wenig differenzierter. Die seit 2008 laufende Aufwertungsbewegung trifft im Jahresverlauf auf die noch länger laufende gegensätzliche Bewegung. Diese hat in den 1980er Jahren ihren Ursprung. Es ist davon auszugehen, dass der USD ein letztes Hoch in Form der Marke um 1,07 Euro bis 1,05 Euro in Angriff nehmen wird.

Von dort aus jedoch ist, ähnlich wie in den Jahren 2015 bis 2017, mit deutlichem Gegenwind zu rechnen. Dieser Widerstand sollte das Währungspaar zunächst in den Bereich von 1,15, im Extremfall vielleicht sogar bis 1,20 bewegen. Ein wichtiges Indiz für diese These ist die extreme Schwankungsarmut (Volatilität) der vorangegangenen Zeit, die oftmals als Vorbote für einen Trendwechsel fungiert.

Brexit und Handelsstreit: die Aussichten für das nächste Jahr

Obwohl die Politik im Jahr 2019 für anhaltende Unsicherheiten sorgte, perlten diese am Aktienmarkt komplett ab. Vor einem Jahr waren wir davon ausgegangen, dass sowohl beim Brexit als auch beim Handelsstreit zwischen den USA und China im ersten Quartal 2019 oder zumindest im Laufe des Jahres mit Ergebnissen (und Entspannung) zu rechnen sei. Doch weit gefehlt, beide Themen haben bis heute nicht an Relevanz verloren. Dennoch bleibt die Hoffnung, dass der Brexit und der Handelsstreit 2020 weniger im Fokus stehen werden. Die heutige Parlamentswahl in Großbritannien wird hoffentlich ein klares Ergebnis bringen, das den Austritt Großbritanniens aus der EU zum 31. Januar 2020 ermöglicht. So bedauerlich dies wäre, würde doch zumindest die Unsicherheit über die weitere Entwicklung weichen. Auch beim Handelsstreit steht dieser Tage eine wichtige Entscheidung an: Spätestens am Sonntag wird sich zeigen, ob US-Präsident Trump weitere Strafzölle auf chinesische Importe in die USA verhängt. Die Wahrscheinlichkeit, dass er einen solchen Schritt zumindest verschiebt, hat zuletzt zugenommen.

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