Adieu Rentenlücke: So gelingt auch Frauen die Altersvorsorge
19. November 2020Männer verdienen im Schnitt nicht nur mehr, sie erhalten auch wesentlich mehr Rente als Frauen. Woran das liegt, was Frauen dagegen tun können und ob die Kluft zwischen den Geschlechtern jemals geschlossen werden kann, lesen Sie hier.
Der Mann verdiente die Brötchen, die Frau blieb zu Hause und kümmerte sich um Familie und Haushalt. So sah jahrzehntelang die Rollenverteilung in Deutschland aus. Auch wenn sich dieses Bild mittlerweile gewandelt hat – die Rentner und Rentnerinnen von heute gehören zum größten Teil noch dieser Generation an. Das spiegelt sich auch im durchschnittlichen Rentenniveau der Geschlechter wider. Eine kleine Anfrage der Grünen bei der Bundesregierung 2017 ergab, dass der sogenannte Gender Pension Gap bei 53 Prozent liegt. Heißt konkret:
- Männer im Rentenalter aus den alten Bundesländern erhielten 2016 im Schnitt 1.078 Euro monatlich Rente, Frauen hingegen nur 606 Euro.
- Im Osten war die Rentenlücke im Vergleich dazu deutlich geringer: Männer standen hier durchschnittlich 1.171 Euro und Frauen 894 Euro zu.
Der Ost-West-Vergleich zeigt anschaulich, dass bei der Lücke zwischen Mann und Frau strukturelle Faktoren eine große Rolle spielen. In der DDR arbeiteten Frauen traditionell häufiger und länger als Frauen in Westdeutschland. Deshalb beziehen sie heute auch im Schnitt 48 Prozent mehr Rente als Frauen aus dem Westen.
Kein Wunder, die gesetzliche Rente fällt grundsätzlich dann umso höher aus, je mehr Verdienst man grundsätzlich in seinem Berufsleben hat. Da Frauen, besonders in der Vergangenheit (und auch heute noch, wenngleich der Anteil zurückgeht), öfter und länger zu Hause bleiben, als vergleichsweise Männer, liegt es auf der Hand, dass sie auch im Alter schlechter gestellt sind. Hinzu kommt, dass Frauen schlechter entlohnt werden – auch wenn die Ausbildung und die Position identisch sind (die letzte Studie dazu erschien am Equal Pay Day am 17. März 2020).
Was sind die Gründe für die Versorgungslücke zwischen Mann und Frau?
Die niedrige Erwerbsbeteiligung ist einer der größten Gründe für den Unterschied zwischen Männern und Frauen in den Rentenzahlungen. Zwar ist die Zahl von erwerbstätigen Frauen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen: 2006 gingen laut Statistischem Bundesamt 61,4 Prozent der 15- bis 65-jährigen Frauen einer bezahlten Tätigkeit nach oder waren auf der Suche nach einer Erwerbstätigkeit. Zehn Jahre später 2016 waren das bereits 73,4 Prozent. Dennoch liegt die Quote berufstätiger Frauen immer noch etwas niedriger als die der Männer (2016: 78 Prozent).
Gleichzeitig verdienen Frauen laut Statistischem Bundesamt dann aber immer noch im Schnitt sechs Prozent weniger als Männer. Hinzu kommt, dass Frauen oft Teilzeitjobs nachgehen, durch die Betreuung von Kindern längere Erwerbsunterbrechungen und häufiger als Männer Minijobs ohne Rentenversicherung haben. So können sie weniger in die gesetzliche Rente einzahlen und bekommen am Ende auch weniger.
Würden all diese Faktoren auf einen Schlag verschwinden, würde sich die Rentenlücke nach Ansicht einiger Experten dennoch erst in rund 60 Jahren vollständig schließen. Heute 40 Jahre alte Frauen haben wesentlich weniger Rentenansprüche gesammelt als gleichaltrige Männer.
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Was bedeutet das für Frauen?
Im schlimmsten Fall droht Frauen die Altersarmut.
Denn in einer Zeit, in der die Scheidungsraten steigen und traditionelle Familienstrukturen durchbrochen werden, können sich Frauen nicht mehr auf den Mann als Versorger im Alter verlassen. Genauso wenig auf die Witwenrente, die in den wenigsten Fällen zum Leben oder zumindest zum Erhalt des bisherigen Lebensstandards reicht.
Hinzu kommt, dass Frauen beim Thema private Altersvorsorge und Sparen im Unterschied zu Männern oft anders vorgehen. Sie vertrauen auf die traditionelle Geldanlage, wie Sparbücher oder Girokonten. Die sind jedoch momentan niedrig bis gar nicht verzinst. Privates Vermögen sammeln Frauen so kaum an. Reserven, die sie später schmerzlich vermissen.
Wann kommt die Mindestrente von 850 Euro?
Gerade die SPD drängt seit vielen Jahren auf eine Rentenreform, die eine Mindestrente enthält. Sie nennt das die Solidarrente, die Grünen pochen auf eine Garantierente. Beide Varianten sehen im Prinzip eine steuerfinanzierte Mindestrente in Höhe von derzeit 850 Euro für Menschen vor, die mindestens 30 Versicherungsjahre (Bündnis 90 Die Grünen) oder 40 Versicherungsjahre (SPD) vorweisen können.
Union und SPD haben sich inzwischen auf die Einführung der Grundrente geeinigt. Sie soll vor allem Frauen zugutekommen: „Die Lebensleistung von Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet, Kinder erzogen und Angehörige gepflegt haben, soll honoriert werden“, hieß es in den Koalitionsgesprächen 2018. Laut Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) soll die Grundrente 2019 eingeführt werden.
Geplant ist dabei, dass diese Grundrente zehn Prozent über dem regionalen Grundsicherungsbedarf liegt. Das heißt, dass die Grundsicherung je nach Wohnort variiert, da sie von Lebenserhaltungskosten und Mieten vor Ort abhängig ist. Aktuell liegt der Bedarf bei den Sozialleistungen bundesweit bei durchschnittlich 800 Euro im Monat – so würde die Grundrente bei 880 Euro liegen.
Wie kann sich die Rentenlücke schließen?
Doch bekommt diese Rente wirklich jeder? Jein. Voraussetzung für sie soll sein, dass mindestens 35 Jahre lang Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wurden. Allerdings werden Zeiten angerechnet, in denen Betroffene Kinder betreut und Angehörige gepflegt haben. Frauen, die jahrelang einer Teilzeitarbeit nachgingen, kommt diese Regelung sicherlich zugute. Sie bekämen auch mehr Geld, wenn die gesetzliche Rente nicht mehr wie bisher vollständig auf die Grundsicherung angerechnet werden würde. Das würde jedoch die statistische Rentenlücke nicht kleiner machen – die Höhe der gesetzlichen Rente verändert sich schließlich nicht.
Experten kritisieren zudem die Voraussetzung der 35 Beitragsjahre. Der Paritätische Gesamtverband z.B. schätzt, dass nur 20 Prozent der armen und alten Menschen Anspruch auf die gesetzliche Grundrente haben werden.
Was kann ich als Frau noch tun?
Gesetze allein werden nicht reichen, um die Rentenlücke zu schließen. Gerade beim Thema Altersvorsorge müssen Frauen umdenken. Wer für das Alter sparen möchte, sollte als Frau nicht bloß auf traditionelle Methoden der Geldanlage setzen. Ob Fonds- oder Banksparpläne bis hin zu klassischen Rentenversicherungen oder staatlich geförderten Produkten wie die Riester-Rente: Auch nicht berufstätige Frauen können diese in Anspruch nehmen. Zudem werden Kindererziehungszeiten sowie berufliche Ausbildungen der gesetzlichen Rente angerechnet. Erwerbstätige Frauen sollten über die betriebliche Altersvorsorge nachdenken, sofern sie vom Arbeitgeber angeboten wird.
Dennoch wird es eine Weile dauern, bis die Unterschiede in den Rentenzahlungen bei Mann und Frau angeglichen sein werden. Ein Grund mehr, sich um die private Altersvorsorge zu kümmern.
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