Volkswirtschaft für Dummies: Was bringen Strafzölle?

Donald Trump sorgt erneut für Aufregung. Letzte Woche kündigte er an, Strafzölle von 25 Prozent für Stahl und von 10 Prozent für Aluminium einzuführen. Am 08.März wurde die Drohung nun wahr gemacht und weltweite Strafzölle verhängt. Regierungen anderer Länder kündigten Vergeltungsmaßnahmen an. Die EU hat beispielsweise mögliche Zölle auf Jeans, Whiskey oder Motorräder aus den USA ins Spiel gebracht. Die USA kündigte darauf an mit weiteren Vergeltungsmaßnahmen (z.B. Einfuhrzölle auf deutsche Autos) zu antworten.

Ein möglicher Handelskrieg kann die Folge sein. Müssen wir uns um unser Wirtschaftswachstum sorgen machen ? Um dies zu beurteilen, muss man wissen, welche Ziele mit der Einführung von Zöllen verbunden sind und wie sich Zölle ökonomisch auswirken. Dabei hätte eigentlich niemand von der Ankündigung Trumps überrascht werden dürfen. Denn schon im Wahlkampf hat er eine protektionistische Handelspolitik angekündigt. Mit seinem Motto „Make America great again!“ hat er sich vor allem zum Ziel gesetzt, die Ursachen für das aus seiner Sicht zu geringe Wirtschaftswachstum der USA zu beheben. Dazu gehört auch die Verringerung des Handelsbilanzdefizites, also der Differenz aus Warenausfuhren und Wareneinfuhren. Schließlich, so die Überlegung, fällt das Wirtschaftswachstum eines Landes (unter sonst gleichen Voraussetzungen) umso geringer aus, je mehr importiert und je weniger exportiert wird. Also müsste für sich genommen die Reduzierung des Handelsbilanzdefizites wachstumsfördernd wirken. Höhere Einfuhrzölle und geringere Einfuhren führen also automatisch zu mehr Wachstum. Oder?

Freihandel ist wachstumsfördernd

Aber so einfach, wie Donald Trump glaubt (oder uns glauben machen will), ist die Welt nicht. Wenn dem so wäre, wären Zölle und andere nicht-tarifäre Handelshemmnisse ein Garant für Wohlstand und Wachstum auf der ganzen Welt. Doch das genaue Gegenteil ist der Fall. Freihandel und Globalisierung führen zu einem größeren Güterangebot, geringeren Produktionskosten aufgrund von höheren Skalenerträgen, mehr Wettbewerb sowie technologischem Fortschritt . Und damit zu geringeren Preisen. Als Ergebnis nimmt die Kaufkraft der Bürger durch den Außenhandel zu. Die Außenhandelstheorie zeigt dies eindeutig!

Doch wenn die ökonomische Analyse der Wirkung von Handelsbeschränkungen so eindeutig ist, warum haben protektionistische Tendenzen dann im Moment so viel Zuspruch? Der offensichtlichste Grund ist der, dass vom Freihandel zwar die meisten von uns profitieren, das „gefühlte“ Ausmaß diese Vorteils aber eher gering ist. Zumal die mit dem Freihandel verbundenen positiven Aspekte mittlerweile als gegeben empfunden werden. Dagegen gibt es einige wenige Verlierer des Freihandels, deren finanzieller Verlust aber sehr wohl messbar ist und durchaus schwer wiegen kann. Wenn man beim Kauf eines Turnschuhes 20 US-Dollar spart, fällt das für den Einzelnen weniger ins Gewicht als es der Fall ist, wenn man einen gut bezahlten Job in einem Stahlwerk verliert. Doch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht wiegt der Einkommens- und Konsumverlust derjenigen, die ihren Arbeitsplatz verlieren normalerweise weniger schwer, als der zusätzliche Konsum (und das damit verbundene höhere Wachstum) von denen, die von günstigeren Preisen auf den Produktmärkten profitieren. Aus diesen Gründen sind in den vergangenen Jahren die im Durchschnitt erhobenen Zölle in fast allen Ländern deutlich reduziert worden – auch in den USA.

Im Jahr 2002 vernichteten Einfuhrzölle 200 000 Arbeitsplätze in den USA

Für die wachstumsmindernde Wirkung von Strafzöllen gibt es gute Beispiele. So beschloss US-Präsident Bush im März 2002 die Einführung von Strafzöllen auf Stahl, um die US-amerikanische Stahlindustrie vor asiatischen Billigimporten zu schützen. Eine Studie, die sich mit den Auswirkungen dieser Maßnahme beschäftigte, kam zu dem Ergebnis, dass als Folge die Preise für eine Vielzahl von Gütern, für die Stahl als Vorleistungsprodukt verwendet wird, deutlich anstiegen.

Unternehmen, die den teureren Stahl als Zwischenprodukt einkaufen, haben zwei Möglichkeiten. Entweder sie tragen die höheren Kosten selbst, dann verringert sich der Gewinn und die Firmen laufen Gefahr, Pleite zu gehen. Können die stahlverarbeitenden Unternehmen dagegen die höheren Vorproduktpreise an ihre Kunden weitergeben, so verlagert sich das Problem der höheren Kosten auf diese Firmen bzw. auf den Endkunden. Die Einfuhrzölle des Jahres 2002 haben lt. der Studie zu einem Abbau von rund 200.000 Arbeitsplätzen in den USA geführt. Das waren mehr Personen als zum damaligen Zeitpunkt überhaupt in der gesamten US-Stahlindustrie beschäftigt waren! Durch die nun beschlossenen neuen Einfuhrzölle, könnten Schätzungen zur Folge zwar 10.000 bis 15.000 neue Stellen in der Stahl- und Aluminiumindustrie entstehen. Gleichzeitig dürften in anderen Branchen rund 50.000 bis 60.000 Arbeitsplätze wegfallen. Käme es zu Vergeltungsmaßnahmen anderer Staaten, könnten sogar 100.000 bis 150.000 Stellen in der US-Industrie verloren gehen.

A VERY BAD deal!

Welchen Rat kann man nun den europäischen Politikern geben, wie man auf die möglichen handelsbeschränkenden Maßnahmen der USA reagieren soll? Auch wenn es schwer fällt, sollte man sich von Trump nicht provozieren lassen und versuchen, eine kühlen Kopf zu bewahren. Zwar ist es nachvollziehbar, dass man sich nicht alles bieten lassen möchte. Doch zeigen die Erfahrungen, dass ein Land, das Strafzölle einführt, damit vor allem sich selbst schadet. Das Ifo-Institut hat in einer Studie aus dem Jahr 2016 in verschiedenen Szenarien untersucht, wie sich die Einführung von Importzöllen auf die Handelsströme und die Wirtschaftsleistung der USA und anderer betroffener Staaten auswirken könnte. Die Studie zeigt, dass die USA, würden sie ihre Einfuhrzölle auf alle Länder ausweiten, mit denen sie Handel treiben, unter massiven Wachstumseinbußen leiden müssten. Natürlich würde sich eine solche Entwicklung auch auf die gesamte Weltwirtschaft negativ auswirken. Solange aber alle anderen Länder weiterhin untereinander Handel treiben, wären die USA der mit Abstand größte Verlierer. Wie würde Trump dies vermutlich kommentieren? „A VERY BAD deal!“

Autor: Carsten Klude

Carsten Klude studierte nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Bank VWL mit Schwerpunkt Ökonometrie in Kiel. 1996 kam er zu M.M.Warburg & CO, für die er zunächst die europäischen Kapitalmärkte analysierte und später mit der Leitung des Makro-Research betraut wurde. Seit dem Jahr 2009 ist Herr Klude Mitglied im Investmentrat von M.M.Warburg & CO und verantwortet seit dem Sommer 2013 das Asset Management der Bank. Zusätzlich ist Herr Klude seit dem Jahr 2010 Mitglied im Ausschuss für Wirtschafts- und Währungspolitik des Bundesverbandes deutscher Banken e.V., dessen Vorsitz er von 2015 bis 2018 inne hatte.

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