Nach dem Parteitag in China: Handlungsempfehlungen für Investoren, Unternehmen und die Politik

Unter Mao gehörten öffentliche Demütigungen und politische Säuberungen zum gängigen politischen Werkzeugkasten, bevor etwas zivilisiertere Methoden der politischen Willensbildung Einzug in das gesellschaftliche Leben Chinas hielten. Damit scheint es aber vorbei zu sein, wenn man den sorgfältig orchestrierten und minutiös geplanten KP-Parteitag als Sinnbild dafür nimmt, dass jetzt wieder ein anderer Wind weht. Doch was heißt das nun für Investoren, Unternehmer und Politiker? Und ist Deutschland gut beraten, Teile von Häfen oder (wie jetzt aktuell geplant) ganze Chip-Fabriken an China zu verkaufen?

Wer es nicht gesehen hat, sollte sich dringend nochmal vor Augen führen, was insbesondere auf der Abschlusszeremonie des KP-Parteitages geschah: Hier wurde vor den Augen seltsam marionettenhafter Abgeordneter und der Weltöffentlichkeit (nicht allerdings vor den Augen der Bürger Chinas) der ehemalige chinesische Präsident Hu Jintao abgeführt, um noch einmal klar zu machen, dass auch leiseste und subtilste Kritik am Führer nicht mehr geduldet wird.

China: Skrupelloses und rücksichtsloses Regime?

Bei dem dort aufgeführten Schauspiel ist man sich als Betrachter die ganze Zeit nicht klar, was schwerer wiegt: Die offensichtlich an das Ausland gerichtete Nachricht, dass man es mit einem skrupellosen und rücksichtslosen Regime zu tun hat, welches mit militärischer Präzision seine Ziele umsetzt und dafür bereit ist, auch interne Widerstände gnadenlos zu brechen? Oder einfach die Eiseskälte, mit der die anwesenden Genossen den Vorgang einfach haben geschehen lassen?

Hätte dieses Ereignis nicht in einem designtechnisch etwas aus der Zeit gefallenen plüschig-kommunistischen Setting der Großen Halle des Volkes stattgefunden, wäre es fast als Szene in einem James-Bond-Film durchgegangen, in der der Bösewicht seinen letzten (eigentlich recht vorsichtigen und sogar ziemlich harmlosen) Kritiker um die Ecke bringt, bevor vom Bösewicht die kleine weiße putzige Katze gestreichelt wird.

Aber warum eine so lange und zudem etwas politisch aufgeladene Einleitung?

Nun ja – derzeit lassen sich politische Überlegungen über China nicht sonderlich gut von ökonomischen Überlegungen trennen. Denn wir erleben eine Zeitenwende, die deutlich über das hinausgeht, was wir in der Ukraine beobachten. Immer mehr autokratische Staaten entwickeln sich zu neo-imperialistischen Staaten, die nach dem Führerprinzip organisiert sind.

Und während in Deutschland die strategische Planung der Bundesregierung selten einen Zeithorizont aufweist, der über die nächste anstehende Landtagswahl hinausgeht (also etwa drei Monate), setzt sich in Ländern wie China, Russland, dem Iran, Nordkorea und der Türkei (um nur einige Beispiele zu nennen) eine strategische Sichtweise durch, die in Jahrzehnten denkt und unbeirrt mit Härte, Geduld und manchmal auch Gewalt Schritt für Schritt genau diese Strategien umsetzt.

Was ist mit Deutschland los?

Deutschland stolpert dagegen mit einer gutgläubigen Naivität durch das Weltgeschehen, dass einem fast die Spucke wegbleibt. Kein Wunder, dass Emmanuel Macron und letztlich die gesamte EU-Kommission an der Bundesregierung verzweifelt und sich von Warschau bis Washington so mancher fragt, ob man in Teilen der Bundesregierung in einem Feldversuch zur Marihuana-Legalisierung vielleicht selbst etwas zu viel geraucht hat.

Und vielleicht ist das Rauchen berauschender Substanzen eine noch viel zu harmlose Erklärung oder Entschuldigung für das Schauspiel, das sich dem deutschen Publikum bietet.

Denn wie ließe sich sonst erklären, dass nach dem Desaster mit russischen Betreibern deutscher Gasspeicher und der Einstellung russischer Gaslieferungen die nächste Abhängigkeit von der Bundesregierung in einer Nacht-und-Nebel-Aktion gegen den Willen von Ministerien, Bundesbehörden, Geheimdiensten und befreundeten Staaten durchgeboxt wird, indem man einen Teil des Hamburger Hafens zu einem Teil an China verkauft. Nur ganz nebenbei sei noch bemerkt, dass zu allem Überfluss auch noch Teile der Oppositionsparteien dem Deal indifferent gegenüberstehen oder ihm eher sogar positiv zugeneigt sind. Es ist zum Verzweifeln.

Natürlich ließe sich argumentieren, dass ja nicht China der Käufer ist, sondern ein chinesisches Unternehmen. Mit dem gleichen Argument wurde ja noch Anfang des Jahres von der Bundesregierung aufgezeigt, warum sich der Staat nicht in das privatwirtschaftliche Projekt Nord Stream 2 einmischen dürfe (möglicherweise kann man sich daran aber inzwischen nicht mehr so gut erinnern).

Jetzt haben wir den Salat.

Zudem sollte keiner glauben, dass die Reederei Cosco Shipping eine ganz normale Reederei ist. Denn Schiffe von Cosco versorgen chinesische Kriegsschiffe auf den Weltmeeren mit Nachschub, und wenn in Manövern die Annexion Taiwans geübt wird, sind Cosco-Schiffe auch mal gerne mit dabei. Da wäre es übrigens interessant, den Einstieg Chinas am Hamburger Hafen unter Nachhaltigkeitsaspekten zu prüfen, aber das ist nochmal eine ganz andere Baustelle.

Überhaupt ist es absurd zu glauben, dass man mit privaten, unabhängigen Unternehmen Verträge macht, wenn diese Unternehmen in neo-imperialistischen Ländern beheimatet sind. Denn in solchen Ländern haben Unternehmen vor allem einen Zweck: Den Ruhm, die Macht und die Ehre der regierenden Partei zu mehren und das ganze Land wirtschaftlich nach vorne zu bringen, selbst wenn einige Geschäftsaktivitäten isoliert auf Unternehmensebene betrachtet ökonomisch gar keinen Sinn ergeben.

Unternehmen und deren Handeln sind hier immer Teil eines großen, auf Jahrzehnte ausgerichteten Plans, während wir in Deutschland allenfalls über die Umsätze und Gewinne der nächsten Quartale nachdenken.

Dass hier wirtschaftliche Abhängigkeiten perspektivisch immer mehr als Waffe genutzt und eingesetzt werden können, scheint immer noch keiner so richtig zu verstehen.

Und dass, obwohl wir im Rahmen der Corona-Pandemie jetzt schon bald über drei Jahre recht anschaulich erleben dürfen, was es bedeutet, wenn etablierte Lieferketten zusammenbrechen und alternative Lieferketten nicht existieren. Eine Lernkurve scheint die deutsche Politik – aber auch ein Teil der deutschen Wirtschaft – nicht so richtig aufbauen zu wollen.

Deutschland taumelt unbeholfen einfach weiter

Ein geschätzter Kollege hat den chinesischen Teilkauf des Hamburger Hafens daher so lakonisch wie treffend mit folgender Aussage kommentiert: „Das ist jetzt unser Nord Stream 3“. Und so taumelt Deutschland unbeholfen von einer Peinlichkeit in die nächste, während beispielsweise die USA die Zeichen der Zeit erkannt haben und ihre Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Jüngstes Beispiel: Heftige China-Exportbeschränkungen für hochwertige Halbleiter und Maschinen zur Halbleiter-Herstellung sowie das Verbot für US-Bürger, bei der Produktion und Entwicklung von chinesischen Halbleitern mitwirken zu dürfen. Aber selbst kleinste Länder wie Dänemark, Estland, Lettland oder Litauen haben inzwischen ein deutlich reiferes Verhältnis zur neuen Realität als Deutschland, das sich traumwandlerisch im politischen Schlafwagen zu bewegen scheint.

Vermutlich sind Sie als Leser an dieser Stelle etwas überrascht, so deutliche Worte lesen zu dürfen (oder zu müssen, je nach Sichtweise). Und in der Tat, eine derartige Kommentierung ist man in Deutschland nicht gewohnt. Aber wie sollte es auch anders sein? Man müsste als Volkswirt einer Bank oder als Stratege eines Asset Managers schon ziemlich verrückt sein, solche Äußerungen zu tätigen, wenn der Arbeitgeber entweder in Teilen von einem chinesischen Unternehmen gehalten wird oder aber ein Teil des Geschäftes mit China gemacht wird. Und so fallen inzwischen geschätzt 70 % aller möglichen Volkswirte und Strategen als Kommentator dieser Sache aus.

Selbst an Universitäten findet inzwischen eine ungesunde Selbstzensur von Äußerungen statt, um gemeinsame Forschungsprojekte und deren Finanzierung nicht zu gefährden. Und wer wird als Vorstand eines Unternehmens schon so deutliche Worte finden, wenn man doch so gerne auch in den nächsten 18 Monaten noch schöne Geschäfte in China machen möchte?

Es wird Zeit, sich den neuen Realitäten zu stellen

Damit sind wir bei einem nächsten Problem: Wir verschließen komplett die Augen davor, was es für die freie Meinungsbildung und Meinungsäußerung bedeutet, wenn man wirtschaftlich zu eng mit neo-imperialistischen Ländern verwoben ist.

Keine Frage: Ein einfaches „weiter so“ darf es nicht geben. Es wird Zeit, sich den neuen Realitäten zu stellen. Je schneller, je besser. Wir müssen endlich verstehen, dass freier Handel und freies Agieren von Unternehmen untereinander immer nur dann zu positiven gesellschaftlichen Wohlfahrtseffekten führt, wenn sich daraus ergebende Abhängigkeiten nicht als Waffe eingesetzt werden. Schon deshalb sollte gelten, dass zu große Abhängigkeiten ohnehin zu vermeiden sind. Ganz besonders gilt das aber für Abhängigkeiten von Ländern, die unsere Werte explizit nicht teilen.

Und so erlauben wir uns, angesichts dieser Zeitenwende Finanzinvestoren, Unternehmen und Politikern einige ungefilterte Handlungsempfehlungen mit auf den Weg zu geben – ganz frei von irgendwelchen Interessenkonflikten und einer falsch verstandenen vornehmen Zurückhaltung, die keinem dient.


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Handlungsempfehlungen für Finanzinvestoren

Vor nicht allzu langer Zeit waren Positionen mit chinesischen Aktien oder Anleihen in vermögensverwaltenden Portfolios vollkommen normal. Dieses Bild hat sich in den letzten 18 Monaten schon recht deutlich verändert. Ständige staatliche Eingriffe in die Geschäftsmodelle diverser chinesischer Unternehmen haben zu Irritationen bei Investoren geführt, die wiederum einen Abbau von China-Quoten zur Folge hatten.

Inzwischen ist aber der chinesische Aktienmarkt so günstig bewertet, dass zumindest unter Berücksichtigung klassischer Bewertungsmerkmale ein erneuter Einstieg sinnvoll erscheint. Und bezogen auf einige einzelne Aktien ist die Bewertung inzwischen derart niedrig, dass ein Kauf schon fast zwingend logisch sein mag. Und ja: Wer auf diese Logik setzt, mag sein Glück gerne probieren und wird vielleicht dabei sogar kurzfristig Performance generieren können.

Grundsätzlich aber gilt: In chinesische Aktien und Anleihen kann man strukturell nicht mehr investieren.

Denn was um alles in der Welt wäre ein gerechtfertigter Abschlag auf Bewertungsrelationen, um immer wieder stattfindende Staatseingriffe in das unternehmerische Handeln hinreichend sinnvoll berücksichtigen zu können?

Die ehrliche Antwort ist: Es weiß keiner.

Es war immer schon ein wenig ambivalent und vielleicht sogar schizophren, Wertpapiere von Unternehmen aus einem kommunistischen Staat zu halten. Aber jetzt ist der Punkt gekommen, wo es nicht nur ambivalent oder schizophren ist, sondern strukturell mehr als problematisch.

Unser Rat wäre tatsächlich daher der, von Neuinvestments komplett abzusehen und bestehende Investments in den nächsten Quartalen und im Timing abhängig von Kursverläufen sukzessive bis auf null zu reduzieren. Und dann nie wieder aufzubauen, solange China so funktioniert wie es derzeit der Fall ist.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Es ist ein weitgehend offenes Geheimnis. Wenn ein großes deutsches Unternehmen den Absatz oder die Produktion in China erhöhen will, passiert Folgendes: Die chinesische Regierung verlangt, dass im Zuge des Deals die Forschung des Unternehmens für einen bestimmten Zweck nach China verlagert wird.

Die IT-Infrastruktur des neuen Forschungszentrums wird dann so ausgelegt, dass chinesische Industriespionage nicht mehr sonderlich schwerfällt. So genau will das keiner wissen, und man schaut dabei auch gerne weg, aber so läuft es. Für Vorstände, die noch ein paar Quartale bis zum Vertragende durchhalten müssen, mag eine solche Vorgehensweise ein probates Mittel sein, um kurzfristige Gewinne zu maximieren.

Für Aktionäre sieht das schon anders aus. Der Wert eines Unternehmens bemisst sich nicht nach den Gewinnen der nächsten zehn Quartale, sondern eher der nächsten zehn Jahre. Da erscheint eine solche Vorgehensweise mehr als zweifelhaft. Daher sind Unternehmen gut beraten, umfassend abzuwägen, inwieweit sie überhaupt noch das Geschäft mit China ausweiten wollen.
Das gilt auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass China in den kommenden Jahren immer weniger ein Motor des weltweiten Wachstums sein wird – dafür fallen die BIP-Wachstumsraten inzwischen zu gering aus.

Zudem dürfte der Anteil Chinas am Welthandel längst sein Maximum erreicht und durchschritten haben – alleine schon deshalb, weil man in anderen Teilen der Welt nicht so naiv agiert wie in Deutschland, sondern proaktiv alternative Handelsströme und Lieferketten implementiert.

Wer also als Unternehmen auf China als Absatz- und Produktionsmarkt setzt, der setzt perspektivisch ohnehin auf das falsche Pferd. Ein zunehmend kommunistisches und militaristisches Land mit einer immer weiter eingeschüchterten und überwachten Bevölkerung und einer immer weniger pluralistischen Meinungsbildung unter der Knute eines auf Lebenszeit gewählten dogmatischen und ideologischen Führers ist kaum in der Lage, eine überdurchschnittliche hohe Faktorproduktivität aufrechtzuerhalten.

Selbst wenn man von allen anderen Problemen abstrahiert: China wird mittelfristig an volkswirtschaftlicher Attraktivität verlieren. Allein schon weil es kaum ein Land auf der Welt gibt, das in den kommenden Jahren einen so starken Bevölkerungsrückgang erleben wird wie China. Wer auf China setzt, setzt auf den Sieger von gestern.


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Handlungsempfehlungen für die Politik

Die Fehler, die gemacht wurden, lassen sich kaum noch heilen. Nun gilt es, wenigstens in der Zukunft nicht noch mehr Fehler zu machen. Daher muss man sich in der Politik von jetzt an bei jeder wirtschaftlichen Interaktion mit China die Frage stellen:

  • Berührt diese Interaktion die strategischen Interessen Deutschlands?
  • Könnte sich aus dieser Interaktion perspektivisch ein strategischer Nachteil für Deutschland und Europa ableiten?
  • Ergeben sich aus dieser Interaktion Sachverhalte, die sogar aktiv und direkt gegen Deutschland und Europa verwendet werden können?

Zugegeben, wir haben komplett verlernt, solche Fragen zu stellen. Und wir haben noch mehr verlernt, diese Frage konsequent und ehrlich und ohne romantische Verklärung von Problemen zu beantworten. Daher hier mal ein kleines Fallbeispiel zur Nachhilfe.

Fangen wir mit der Energiewende an

Deutschland hat sich entschieden, ehrgeizige Klimaziele zu verfolgen, während man gleichzeitig im kommenden Jahr die letzten drei von einst 18 Atomkraftwerken stilllegen will. Dass das an sich schon eine Schnapsidee war sieht man daran, dass wir jetzt schon die ehrgeizigen Klimaziele von 2030 erreicht hätten, wenn die Atomkraftwerke einfach weitergelaufen wären – aber das ist ein anderes Thema.

Nun ist die Entscheidung gefallen, und es muss nach Lösungen gesucht werden. Die Lösung besteht darin, dass man ca. 50.000 gewaltige Windkraftanlagen (und gewaltige Wasserstoffspeicher) baut – wer es nicht glaubt, kann es selbst vergleichsweise einfach nachrechnen; man braucht dazu nur Mittelstufen-Mathematik.

Eine sehr große moderne und leistungsfähige Windkraftanlage besteht heute aus etwa 7.000 Tonnen Beton, Stahl, Kupfer und Kunststoff. Um das mal ins Verhältnis zu setzen: Der Eifelturm wiegt ziemlich genau 10.000 Tonnen und damit nur etwas mehr als eine solche Windkraftanlage. Wir müssen also ab jetzt Tag für Tag (für sehr viele Jahre) mehrere Eifeltürme bauen, was den Materialverbrauch betrifft. Und nochmal: Mehrere Eifeltürme Tag für Tag, und das über sehr viele Jahre hinweg.

Der Bedarf für Stahl, aber vor allem auch Kupfer, seltene Erden, Edelmetalle und Kunststoffe scheint hier fast grenzenlos. Und nun raten Sie mal, auf wen wir hier bei der Lieferung implizit setzen. Sie haben es erraten. Das wird nicht funktionieren. Hier ergibt sich die nächste Abhängigkeit, die uns zum Verhängnis werden wird. Deutschland muss als Staat lernen, auch hier wie jedes andere Land strategische Rohstoffpartnerschaften mit diversen Ländern einzugehen, statt diese Frage und damit verbundene Aufgaben und Fähigkeiten blauäugig nach China auszulagern.

Ein echter, spürbarer Beitrag zur Reduktion von CO2

Auch eine Auslagerung von Forschungsprojekten sollte ab sofort streng überdacht werden. Hier ein weiteres konkretes Praxisbeispiel zur besseren Anschaulichkeit. So wurde am renommierten Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam ein Verfahren entwickelt, das mit künstlichen Huminstoffen die Bodenqualität in hoher Geschwindigkeit massiv verbessern kann.

Was sich erst einmal für den Laien interessant, aber nicht weltbewegend anhört, hat tatsächlich revolutionäres Potenzial. Denn wenn es gelingen würde, künstliche Huminstoffe in großem Umfang auf Agrarflächen auszutragen, könnte das ausgeglichen werden, was aufgrund fehlender nachhaltiger Fruchtfolgen an Bodenqualität verloren geht. Die Bodenqualität würde schnell signifikant steigen, so dass man auf Kunstdünger zunehmend verzichten könnte.

Aber noch viel besser: Ein gesunder Boden mit viel Humusbildung kann auch gewaltige Mengen an CO2 speichern, so dass mit dieser Technologie auf naturschonende und sogar naturverbessernde Weise (vor allem hinsichtlich der Biodiversität) ein echter, spürbarer Beitrag zur Reduktion von CO2 in der Atmosphäre geleistet würde.

Und nun raten Sie mal, in welchem Land die Freiflächenversuche stattfinden, die dieses Verfahren im großen Stil testen? Sie ahnen es schon, natürlich wieder in China. Nicht, weil die deutschen Forscher ein übermäßiges Interesse daran hätten, in China zu forschen. Sondern weil deutsche Behörden das Potenzial dieses Ansatzes offensichtlich nicht erkannt und tatsächlich sogar aus recht absurden Gründen Freilandversuche nicht erlaubt hatten.

Hier muss man sich gleich aus zwei Gründen an den Kopf fassen.

Zum einen, weil deutsche Behörden aufgrund fachlicher Defizite und erfolgreicher Lobbybemühungen gewisser Kreise ökonomische und ökologische Potenziale nicht erkennen können oder erkennen wollen. Und zum anderen, weil man diese Entwicklungen mit gewaltigem Potenzial dann schulterzuckend in China geschehen lässt.

Daher hier der Ratschlag an die Politik: Hört auf zu träumen!

Wenn wir immer und immer wieder Fähigkeiten an China verlieren und Abhängigkeiten einseitig erhöhen, endet das im Desaster. Die jüngsten Entwicklungen lassen jedoch vermuten, dass die Politik ihre Verantwortung noch nicht ansatzweise verstanden hat. Und dabei ist es eigentlich schon fünf vor zwölf. Man fragt sich, was noch passieren muss, damit sich etwas ändert.

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Christian Jasperneite

Autor: Dr. Christian Jasperneite

Dr. Christian Jasperneite studierte an der Universität Passau VWL und promovierte anschließend an der Universität Passau am Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Harvard University begann er im Jahr 2000 als Analyst im Makro-Research von M.M.Warburg & CO. Seit Anfang 2009 ist Dr. Jasperneite Chief Investment Officer bei M.M.Warburg & CO und verantwortet dort u.a. Fragen der strategischen und taktischen Allokation sowie der Portfoliokonstruktion und der Produktentwicklung.

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