Handelskrieg zwischen Amerika und China? Liebe Anleger, bitte anschnallen.

Seit Donald Trump im März 2018 Strafzölle von 25 Prozent auf Stahl- und von 10 Prozent auf Aluminiumimporte in die USA verhängt hat, beschäftigt das Thema eines möglichen Handelskriegs die Märkte. Heute hebte Trump den Sonderzoll auf alle Einfuhren aus China von 10 auf 25 Prozent an. Wie weit will er seinen Verhandlungspartner unter Druck setzen? Und was sollten Anleger jetzt beachten?

Droht ein Handelskrieg zwischen Amerika und China?

Vor allem gegenüber China verfolgt der US-Präsident eine aggressive handelspolitische Strategie. Mittlerweile wird fast die Hälfte aller chinesischen Wareneinfuhren in die USA mit Strafzöllen belegt: Auf Importe in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar (Güter mit industrietechnischer Bedeutung) wird ein Zoll von 25 Prozent erhoben, auf weitere Importe in Höhe von 200 Milliarden US-Dollar wird ein Strafzoll von 10 Prozent fällig. Dieser Zoll wurde nun am Freitag auf 25 Prozent angehoben. Trump äußerte in den vergangenen Tagen seinen Unmut über den Verlauf der derzeitigen Handelsgespräche und warf China vor, bereits getroffene Zusagen wieder rückgängig zu machen oder nachverhandeln zu wollen. Zudem wurden auch auf weitere Importe aus China, die bisher noch zollfrei in die USA eingeführt werden durften, ein Strafzoll von 25 Prozent belegt. Hiervon sind Waren in einem Wert von rund 200 Milliarden US-Dollar betroffen.

„Angsthasenspiel“: Wer zuerst ausweicht, hat verloren.

Noch darf darüber gerätselt werden, ob Trump es wirklich ernst mit seinen Drohungen meint oder ob sie nur zu seiner Verhandlungstaktik gehören, die darin besteht, seine Gesprächspartner unter maximalen Druck zu setzen, um so das von ihm gewünschte Ergebnis zu erzielen. Entscheidend wird nun die Reaktion Chinas sein.

Lässt man sich von den USA einschüchtern und gibt den Forderungen des US-Präsidenten nach oder baut man selbst Druck auf, indem mit Gegenmaßnahmen gedroht wird?

Aus spieltheoretischer Sicht haben wir es hier mit einem typischen „Angsthasenspiel“ zu tun: Zwei potenzielle Gegner befinden sich auf Kollisionskurs, doch wer zuerst ausweicht zeigt damit seine Angst und hat das Spiel verloren. Aber wer von beiden wird der Angsthase sein? Oder kommt es nun sogar zum großen Crash?

Im Falle eines Handelskriegs: China könnte bis zu 0,6 Prozent des BIPs verlieren

Zweifelsohne hat China in einem Handelskrieg mit den USA mehr zu verlieren als es umgekehrt der Fall wäre. Dies liegt daran, dass der Anteil der chinesischen Güterexporte in die USA in Relation zum BIP mit 3,5 Prozent deutlich größer ist als es umgekehrt der Fall ist. So beläuft sich der Anteil der US-Exporte nach China gemessen am Anteil der gesamten US-Wirtschaftsleistung nur auf 0,5 Prozent. Simulationsrechnungen des Internationalen Währungsfonds kommen zu dem Ergebnis, dass Zölle in Höhe von 25 Prozent, die den gesamten Warenaustausch zwischen den USA und China betreffen, zu einem Rückgang des realen Bruttoinlandsproduktes zwischen 0,3 und 0,6 Prozent in den USA und zwischen 0,5 und 1,5 Prozent in China führen würden.

Könnte eine globale Rezession folgen?

Betrachtet man isoliert nur diese beiden Effekte, würde die Weltwirtschaft somit um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte weniger wachsen als es sonst der Fall wäre. Selbst wenn aus dem Handelskonflikt zwischen den USA und China ein echter Handelskrieg würde, ist die Wahrscheinlichkeit, dass aus einem schwächeren Welthandel (der ohne Zweifel zu erwarten wäre) eine globale Rezession entsteht, gering. Dennoch könnte es in diesem Fall andere Leidtragende geben, zu denen vor allem die Länder gehören werden, für die der Außenhandel im Allgemeinen und speziell der mit China eine große Rolle spielt. Hier sind vor allem Länder wie Deutschland und die Schweiz zu nennen, aber auch Singapur, Malaysia, Südkorea und Saudi Arabien.

Die weiteren Folgen eines möglichen Handelskrieges

Allerdings darf bei dieser auf den Außenhandel fokussierten Betrachtung nicht übersehen werden, dass weitere konjunkturelle Bremseffekte über die Investitionen und über den privaten Verbrauch drohen. So haben die von den Handelsstreitigkeiten ausgehenden Unsicherheiten mit dazu geführt, dass Unternehmen ihre ursprünglichen Investitionspläne verschoben haben. Zunehmende Lagerbestände und sinkende Preise sind negative Folgeerscheinungen. Hiervon sind im Übrigen auch die USA selbst betroffen.

Auch wenn das überraschend starke US-Wirtschaftswachstum im ersten Quartal 2019 von 3,2 Prozent Donald Trump vielleicht zu dem Glauben veranlasst haben mag, sich gegenüber China in der wirtschaftlich stärkeren Position zu befinden, weisen die Details der wirtschaftlichen Entwicklung doch einige Schwächen auf. Denn die Haupttreiber der wirtschaftlichen Entwicklung waren nicht wie in der Vergangenheit der private Verbrauch oder die Investitionen der Unternehmen. Stattdessen ist das Wachstum vor allem auf einen Aufbau von Lagerbeständen und auf rückläufige Importen zurückzuführen gewesen.

Entwicklung US-Wirtschaft: Das sollten Anleger beachten!

Die wichtigsten Frühindikatoren für die US-Wirtschaft – die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor sowie der Frühindikator des Wirtschaftsforschungsinstituts Conference Board – deuten darauf hin, dass sich das Wirtschaftswachstum in den nächsten Quartalen auf etwa zwei Prozent abschwächen wird. Kommt es zu keinem Handelsdeal mit China, könnten sich die Wachstumsperspektiven sogar noch weiter eintrüben.

Anleger sollten insbesondere die Entwicklung des privaten Verbrauchs im Auge behalten.

Anleger sollten insbesondere die Entwicklung des privaten Verbrauchs im Auge behalten, der für rund 70 Prozent der gesamten US-Wertschöpfung verantwortlich ist. Angesichts einer Arbeitslosenquote, die mit 3,6 Prozent so niedrig ist wie zuletzt vor 50 Jahren, und moderat steigenden Löhnen sollte man davon ausgehen, dass der Konsum der Wachstumsmotor der US-Wirtschaft bleibt.

Jedoch könnten sich Zölle auf alle chinesische Einfuhren auf die US-Verbraucher negativ auswirken. Während die schon eingeführten Strafzölle in erster Linie von den Unternehmen selbst getragen wurden, dürfte dies bei neuen Zölle nicht mehr der Fall sein. Denn dann würden Konsumgüter, wie Textilien, Schuhe, Möbel aber auch iPhones für den Konsumenten mit sehr großer Wahrscheinlichkeit deutlich teurer werden.

Was bedeutet dies nun für den Anleger?

Die sehr gute Aktienmarktentwicklung in diesem Jahr ist zu einem nicht unerheblichen Teil auf die Hoffnung eines baldigen positiven Ausgangs des Handelsstreits zwischen China und den USA zurückzuführen. Denn in diesem Fall könnte man davon ausgehen, dass sich die chinesische Wirtschaft erholen wird, weil den positiven Effekten der expansiven Geld- und Fiskalpolitik keine nennenswerte Abschwächung des Außenhandels in die Quere kommen würde. So wie einige Länder bei einem Ausbleiben einer Einigung im Handelsstreit die Hauptleidtragenden wären, würden genau diese Länder im Falle eines Deals auch zu den Hauptprofiteuren gehören. Insofern gehört der DAX sicherlich zu den Aktienindizes, die in diesen Tagen auf jede neue Nachricht aus Washington oder Peking besonders stark reagieren.

Anleger benötigen derzeit starke Nerven, um diese turbulente Phase am Aktienmarkt durchzustehen. Dennoch empfehlen wir im Moment noch die Füße still zu halten und das tatsächliche Ergebnis der Verhandlungen abzuwarten. In den vergangenen zwölf Monaten war es fast immer falsch, auf kurzfristige politische Nachrichten zu reagieren. Kommt es tatsächlich zu keiner langfristigen Einigung zwischen den beiden Verhandlungspartnern, ist am Aktienmarkt mit einem weiteren kräftigen Rücksetzer zu rechnen. Umgekehrt ist im Falle eines Deals eine ordentliche Erholungsrallye wahrscheinlich. Da sich politische Entwicklungen im Zeitalter von Donald Trump kaum vorhersagen lassen, heißt es für den Anleger von daher: Bitte anschnallen und die Nerven behalten.

Bildcredit: ANNECORDON ©istockphoto.com

Autor: Carsten Klude

Carsten Klude studierte nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Bank VWL mit Schwerpunkt Ökonometrie in Kiel. 1996 kam er zu M.M.Warburg & CO, für die er zunächst die europäischen Kapitalmärkte analysierte und später mit der Leitung des Makro-Research betraut wurde. Seit dem Jahr 2009 ist Herr Klude Mitglied im Investmentrat von M.M.Warburg & CO und verantwortet seit dem Sommer 2013 das Asset Management der Bank. Zusätzlich ist Herr Klude seit dem Jahr 2010 Mitglied im Ausschuss für Wirtschafts- und Währungspolitik des Bundesverbandes deutscher Banken e.V., dessen Vorsitz er von 2015 bis 2018 inne hatte.

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