Das Ergebnis der Bundestagswahl für die Kapitalmärkte: Hoffnung wird Unsicherheit ablösen

Die ersten Erkenntnisse nach der Wahl

Die CDU/CSU mit Angela Merkel hat als stärkste Fraktion den Regierungsauftrag für weitere vier Jahre erhalten, dabei aber kräftige Verluste erlitten und ihren bisherigen Koalitionspartner verloren. Denn die SPD geht freiwillig in die Opposition. Zudem erhält Merkel auf dem rechten Flügel mit dem deutlichen Einzug der AfD in den Bundestag verstärkten politischen Druck.

Rechnerisch und politisch bleibt als einzige Regierungsalternative die sogenannte Jamaika-Koalition. Die Verhandlungen mit der FDP und den Grünen dürften jedoch ausgesprochen schwierig werden, da die Parteiprogramme aller vier beteiligten Parteien inklusive der CSU teilweise konträre Richtungen vorsehen, nicht nur in der Flüchtlingspolitik. Im besten Fall dürfte eine neue Regierung im Dezember, vielleicht sogar erst im Januar feststehen – mit dem kleinen Risiko, dass die Koalitionsverhandlungen scheitern und es zu Neuwahlen kommt. Ein Scheitern der Koalitionsverhandlungen ist jedoch eher unwahrscheinlich, da die ersten Signale der FDP und der Grünen auf eine Bereitschaft und Lust zum Regieren hindeuten. Außerdem wirkt die Gefahr einer weiteren Stärkung der AfD bei Neuwahlen abschreckend.

Politisches Fazit

Die einzige Regierungsoption Jamaika bringt zunächst Unsicherheit mit sich. Das Drei-Parteien-Konstrukt ist außerhalb Deutschlands kaum bekannt und sorgt zunächst für Skepsis, da die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen bei den Sachthemen kaum abzuschätzen sind. Auch die starke Präsenz der AfD im Bundestag bringt Unruhe mit sich, da hieraus Druck auf Richtungswechsel resultieren kann.

Auch in der Europapolitik herrscht zunächst Unklarheit, ob sich eher die ordnungspolitisch strengeren Liberalen oder die Grünen mit ihrer gegenüber den südeuropäischen Staaten sehr freundlichen Politik durchsetzen. Hier hätte sich der ein oder andere Politiker und Marktteilnehmer wohl eher den bekennenden Verfechter einer europafreundlichen Politik, Martin Schulz, in der Regierung gewünscht.

Doch mit der Zeit werden die Chancen dieser Konstellation für eine digitale und politische Modernisierung Deutschlands stärker in den Vordergrund rücken. Die FDP bringt zudem Fantasie für Steuersenkungen und eine pragmatische Politik gegenüber Großbritannien mit. In der Europapolitik steht Kanzlerin Angela Merkel für Verlässlichkeit und die Grünen für neue Impulse.

Auswirkungen auf die Kapitalmärkte

Wir erwarten am Aktienmarkt zur Eröffnung zunächst keine Euphorie über den Wahlsieg Merkels, sondern eine verhalten abwartende Stimmung. Groß ist vor allem die Unsicherheit, welche Partei sich in welchen Punkten im Koalitionsvertrag durchsetzen wird, da dies Auswirkungen auf die Gewinn-erwartungen einzelner Unternehmen oder Branchen haben dürfte. Am Rentenmarkt dürften die Anleihespreads der Peripheriestaaten aufgrund der unsicheren Europapolitik zunächst eher steigen als zurückgehen. Große Bewegungen an den Kapitalmärkten sind jedoch nicht zu erwarten, da mit der Fortsetzung der Kanzlerschaft von Angela Merkel kein grund-legender Politikwechsel stattfinden wird. In den kommenden Tagen oder Wochen könnte sich jedoch am Aktienmarkt der positive Aspekt einer neuen Regierung verstärkt bemerkbar machen. Denn der wirtschaftliche Gesamteffekt dürfte positiv ausfallen. Steuersenkungen erscheinen recht wahrscheinlich, da sowohl die CDU/CSU als auch die FDP dies explizit wün-schen. Subventionen für die Digitalisierung der Wirtschaft sind auch denkbar, wenn gleichzeitig die erneuerbaren Energien im Interesse der Grünen gefördert werden.

Branchenprognosen

Für den Anleger ist eine Branchenempfehlung schwierig zu geben, da zu viele Unwägbarkeiten über die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen existieren. Gemeinsamkeiten der drei Parteien gibt es in erster Linie dabei, den Wohnungs-markt zu unterstützen. Immobilienunternehmen dürften daher zu den Gewinnern gehören, zumal mit einer FDP in der Regierung eine Ausweitung der Mietpreisbremse wenig wahrscheinlich ist. Die Unternehmen aus dem Bereich erneuerbare Energien dürften profitieren. Denn auch wenn die FDP die Subventionen für den Sektor kürzen wollte, dürfte dies kaum gegen die Grünen durchsetzbar sein. Der Automobilsektor bekommt einerseits verstärkten Druck zu einer Wende hin zur Elektromobilität, kann sich andererseits aber wohl auf finanzielle Unterstützung beim Wandel einstellen. Dies gilt auch für den Maschinenbau.

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