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Person mit Mütze blickt auf eine Stadtlandschaft bei Sonnenuntergang, Text über taktische Positionierung für 2026.

Ausblick 2026 (IV): Unsere taktische Positionierung

Seit Jahrzehnten erstellen wir bei Warburg zum Jahreswechsel Kapitalmarktausblicke, verbunden mit Empfehlungen zur taktischen Positionierung im neuen Jahr. Die damit einhergehenden Einschätzungen sollten dabei immer mit einer gewissen Vorsicht eingeordnet und umgesetzt werden.

Schließlich bewegt man sich an Kapitalmärkten immer unter Unsicherheit, und manchmal können exogene Ereignisse, die kaum antizipierbar waren, über Nacht ganze Szenarien in Frage stellen.

Warum gute taktische Entscheidungen wichtig sind

Auf der anderen Seite würde man einen Fehler begehen, grundsätzlich auf solche Bestandsaufnahmen zu verzichten und keine Szenarien für die Zukunft aufzustellen. Denn auch wenn die Zukunft ungewiss ist, so trifft die Aussage von Louis Pasteur gerade für Kapitalmärkte zu, wonach das Glück diejenigen begünstigt, die vorbereitet sind. Zudem besteht kein Zweifel daran, dass durch gute taktische Entscheidungen gegenüber einer komplett statischen Allokation ein Mehrwert für Portfolios erwirtschaftet werden kann.

Ein Test mit echten Daten

Allerdings wird dieser Sachverhalt von vielen bestritten, da in Frage gestellt wird, ob in der taktischen Allokation überhaupt hinreichend hohe Trefferquoten erzielt werden können. Wir sind dieser Frage durchaus selbstkritisch auf den Grund gegangen, indem wir anhand konkreter Daten für eine große Anzahl von Assetklassen und Märkten seit den späten 90er Jahren des letzten Jahrhunderts tausende von möglichen taktischen Allokationsstrukturen generiert und analysiert haben.

Aktive Manager sollten taktische Trefferquoten von ca. 53% erzielen

Dabei zeigt sich, dass unter Berücksichtigung realistischer Kosten für das aktive Asset Management taktische Trefferquoten von etwa 53% erzielt werden sollten, um einen positiven Beitrag über die taktische Allokation (gemessen an einem positiven Information Coefficient) generieren zu können.

Diagramm zeigt Beziehung zwischen Information Ratio und Hit Ratio in der taktischen Allokation mit Streudiagramm.

Nicht alle Treffer sind gleich wichtig

Interessanterweise können positive Wertbeiträge aber oft sogar dann erzielt werden, wenn die Trefferquote nur bei z.B. 50% liegt. Auf den ersten Blick mag dies vollkommen kontraintuitiv erscheinen, aber der Grund liegt tatsächlich darin, dass nicht alle „Treffer“ bei den Entscheidungen gleich wichtig sind. Sehr oft entwickeln sich diverse Märkte so homogen und „unauffällig“, dass selbst Entscheidungen, die sich im Nachhinein als suboptimal herausstellen, für die Gesamtentwicklung des Portfolios nur einen marginal negativen Einfluss hatten.

Ab und zu sind aber taktische Entscheidungen von extremer Bedeutung;

und zwar immer dann, wenn massive Bewegungen an Märkten stattfinden und es zu deutlich divergenten Wertentwicklungen verschiedener Märkte und Assetklassen kommt. Diese Ereignisse sind vergleichsweise selten, aber extrem entscheidend, wenn es um den langfristigen Mehrwert einer taktischen Allokation geht.


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Große Marktbewegungen lassen sich besser antizipieren

Die gute Nachricht ist die, dass gerade diese sehr großen Bewegungen meist ihre Schatten vorauswerfen. Während kleinere Bewegungen oftmals durch eine fundamentale Analyse nicht zuverlässig mit einer hinreichend hohen Trefferquote eingeordent und antizipiert werden können, ist dies bei den großen und taktisch letzlich relevanten Ereignissen mit viel höherer Wahrscheinlichkeit durchaus der Fall.

Aus diesem Grund ist eine Betrachtung von durchschnittlichen Trefferquoten in der taktischen Allokation wenig zielführend;

und dies erklärt auch, warum selbst extrem erfolgreiche Hedgefonds zuweilen nur Trefferquoten von z.B. 50,5% aufweisen, obwohl sie über viele Jahre hinweg einen sehr systematischen Mehrwert für den Kunden erzielen können.

Wir nehmen das als Motivation

Wir nehmen dies als Motivation, in Zeiten außergewöhnlicher Entwicklungen sehr deutliche taktische Positionen einzunehmen, aber eben auch in weitgehend „unauffälligen“ Zeiten vergleichsweise konstruktive, aber gleichzeitig nicht extreme Positionen einzunehmen.

Aktuell eher „unauffällige“ Zeiten

Auch wenn es angesichts der Wirtschaftsflaute in Europa sowie diversen geopolitischen Herausforderungen überraschen mag: Am Ende des Tages leben wir nach wie vor in eher „unauffälligen“ Zeiten.

Die Unternehmensgewinne steigen, die Leitzinsen sind je nach Währungsraum stabil oder nach wie vor leicht fallend, und die Staatsverschuldung ist zwar hoch, aber die Refinanzierung nicht gefährdet.

Die Welt mag sich in einer beginnenden KI-Blase befinden, aber für das unmittelbare Platzen der Blase gibt es keinen zwingenden Indikator, und auf der Kreditseite gibt es keine systemischen Verwerfungen wie zu Zeiten der Subprimekrise. Wie man es auch dreht und wendet:

Dies ist nicht die Zeit, um auf der taktischen Ebene extreme Positionen einzugehen.

Im Folgenden geben wir einen Überblick über die taktische Allokationseinschätzung auf der Aktien- und Rentenseite.

Aktien 2026: Robuste Gewinnentwicklung treibt die Kurse

Der S&P 500 notiert derzeit bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von gut 22, der Euro Stoxx 50 bei etwa 16 und der DAX bei rund 15. Damit bewegen sich die großen Indizes bereits oberhalb ihrer historischen Durchschnittsbewertungen. Eine erneute Ausweitung der Bewertungsniveaus erwarten wir dementsprechend für 2026 eher nicht.

Wie wird 2026 für die USA?

Hierfür müssten die Renditen von US‑Staatsanleihen bzw. Bundesanleihen deutlich sinken. Angesichts der Verschuldung in den USA und in vielen europäischen Ländern sowie einer erhöhten Inflation in den USA oberhalb von zwei Prozent erscheint dies unwahrscheinlich.

Deutlich optimistischer sind wir hingegen beim Gewinnwachstum der Unternehmen.

Vor allem in den USA dürften die Gewinne im nächsten Jahr angesichts einer florierenden Wirtschaft und einer unterstützenden Wirtschaftspolitik erneut prozentual zweistellig wachsen. Wir erwarten daher für 2026 ein weiteres positives Aktienmarktjahr, rechnen allerdings wie bereits 2025 mit zwischenzeitlichen Phasen erhöhter Risikoaversion.

Wie sieht es mit Gewinnen in Europa aus?

Nachdem die Unternehmensgewinne in Europa in den vergangenen drei Jahren stagniert haben, deutet sich für 2026 eine Erholung an. Zwar halten wir die Prognosen der Unternehmensanalysten für zu optimistisch, doch der nachlassende Gegenwind von der Währungsseite, die Erholung der Unternehmensinvestitionen sowie die expansive Geld‑ und Fiskalpolitik dürften die Gewinnsituation im kommenden Jahr in Europa verbessern.

Für die europäischen Aktienmärkte halten wir daher ebenfalls neue Rekordstände für wahrscheinlich.

Das alles spricht für eine leichte Übergewichtung von Aktien bei gleichzeitiger Beibehaltung einer hohen Gewichtung von US-Aktien.

Anleihen 2026: Kurs „Seitwärts“ mit attraktiver Carry

Das kommende Rentenmarktjahr dürfte anders als in den Vorjahren weniger von externen Faktoren wie der Zollpolitik und davon abgeleiteten Inflationserwartungen geprägt sein. In den USA wird die Federal Reserve angesichts eines sich leicht eintrübenden Arbeitsmarktes (und eines nicht komplett wegzudefinierenden politischen Drucks) vermutlich die Leitzinsen bis Ende 2026 nochmals zwei- bis dreimal senken, doch gilt das inzwischen mehr oder weniger als Konsens und dürfte dementsprechend kaum einen Marktteilnehmer groß überraschen.

Leitzinssenkungen in den USA

Die erwarteten Leitzinssenkungen dürften sich aus unserer Sicht am kurzen Ende der Zinsstrukturkurve bemerkbar machen. Das lange Ende hingegen könnte unter dem Einfluss der hohen Staatsausgaben, dem damit verbundenen steigenden Angebot an US‑Staatsanleihen sowie einem potenziellen Vertrauensverlust leiden, insbesondere, falls es zu stärkeren politischen Eingriffen in die geldpolitische Unabhängigkeit der Federal Reserve durch Präsident Trump kommen sollte. Vor diesem Hintergrund rechnen wir bei 10‑jährigen US‑Treasuries bis zum Jahresende 2026 mit einem moderaten Renditeanstieg um rund 15 Basispunkte auf etwa 4,20 Prozent. Wie im Euroraum dürfte dies zu einer leichten Versteilerung der Zinsstrukturkurve führen.

Aus dieser Markteinschätzung ergibt sich die Empfehlung, die Duration gegenüber der jeweiligen Benchmark maximal neutral zu halten.

Wir sind zudem weiterhin überzeugt, dass Unternehmensanleihen trotz bereits niedriger Kreditrisikoaufschläge auch im kommenden Jahr eine bessere Wertentwicklung erzielen werden als Staatsanleihen.

Der Hauptgrund für diese Einschätzung liegt unserer Ansicht nach beim Thema Verschuldung.

Während die Staatsverschuldung spürbar ansteigt, präsentieren sich Unternehmen sowohl in Europa als auch in den USA mit sehr soliden Ergebniskennziffern und einer stabilen Verschuldungssituation.

US-Dollar-Schwäche hält an

Die Entwicklung des EUR/USD‑Wechselkurses im Jahr 2025 war überraschend. Mit der Amtseinführung von Donald Trump und der Aussicht auf eine wachstumsorientierte Steuer‑ und Deregulierungspolitik herrschte unter Marktteilnehmern weitgehend Einigkeit darüber, dass der US‑Dollar gegenüber dem Euro aufwerten würde.

Tatsächlich trat jedoch das Gegenteil ein.

Sorgen über die potenziell negativen Auswirkungen neuer Zölle auf die US‑Wirtschaft, die weiter steigende Staatsverschuldung sowie politische Angriffe auf die Unabhängigkeit der Federal Reserve haben das Vertrauen in den US‑Dollar spürbar beeinträchtigt. In der Folge verlor der Greenback deutlich gegenüber dem Euro an Wert. Mit Blick auf das Jahr 2026 erwarten wir nun aber keine starken Ausschläge im EUR/USD‑Wechselkurs, sondern eher eine seitwärts gerichtete Entwicklung mit einer leichten Abwertungstendenz des US‑Dollar.

Zinsvorteil der USA könnte weiter schrumpfen

Angesichts der unterschiedlichen geldpolitischen Ausrichtung von Federal Reserve und Europäischer Zentralbank dürfte der Zinsvorteil der USA weiter schrumpfen, sodass US‑Zinspapiere relativ an Attraktivität verlieren.

Dieser Sachverhalt ist allerdings seit vielen Monaten bekannt und eingepreist und dürfte inzwischen keine Marktrelevanz für den Wechselkurs mehr haben.

Schwer einzuschätzen ist dagegen der (zumindest implizite) politische Wunsch der US-Administration, den US-Dollar in der Tendenz weiter zu schwächen, um die eigene Industrie zu schützen. Allerdings ist es fast unmöglich, den Umfang dieses politisch gewünschten Effektes zu beziffern, zumal man vermuten kann, dass der größere Teil dieses Effektes schon im Jahr 2025 in die Wechselkursentwicklung eingeflossen ist. Aus dieser Perspektive spricht nicht viel dafür, aus Angst vor Wechselkursbewegungen die Allokation von US-Assets proaktiv zu reduzieren.

Unser taktischer Fahrplan für 2026

Unser taktischer Fahrplan für das Jahr 2026 sieht daher zusammengefasst so aus wie schon in weiten Teilen des Jahres 2025:

  1. Aktien haben mehr Potenzial als Anleihen, daher sollten Aktien übergewichtet werden.Die fundamentalen Daten in den USA sind signifikant besser als in Europa, dementsprechend ist weiterhin eine hohe Gewichtung von US-Aktien angebracht.
  2. Die Renditen von länger laufenden Anleihen werden im Durchschnitt eher leicht steigen als fallen, womit eine hohe Duration wenig zielführend erscheint. Da gleichzeitig die Ausfallraten bei Unternehmensanleihen begrenzt bleiben dürften, sollten Unternehmensanleihen trotz begrenzter Risikoaufschläge einen substantiellen Teil der Rentenallokation ausmachen.
  3. Solange sich das fundamentale Bild nicht signifikant ändert, sind Rückschläge eher als Kaufgelegenheit zu werten und nicht als Warnsignal.

Ansonsten gilt wie immer: Kapitalmarktprognosen sind mit großer Demut zu begegnen. Nicht selten mussten in den letzten Jahren Szenarien neu gedacht werden, nachdem sich Rahmendaten substanziell geändert hatten. Solange das aber nicht der Fall ist gilt: Chancen zu nutzen ist nach wie vor zielführender als Risiken zu meiden. Man sollte die Resilienz von Märkten auch im kommenden Jahr nicht untschätzen.

In diesem Sinne wünschen wir ein friedvolles Weihnachtsfest und alles Gute für das kommende Jahr!

Bild von Unsplash von Cristina Gottardi

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