Ausblick 2021 (I): „V“ wie Victory – Der Aufschwung kommt!

Das Jahr 2020 wird niemand von uns so schnell vergessen. Seit Februar beeinflusst das Coronavirus unser aller Leben. Weltweit sind mehr als 55 Millionen Menschen an diesem Virus erkrankt, 1,3 Millionen Tote sind zu beklagen. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Einschränkungen, die notwendig wurden, um die weitere Ausbreitung der Krankheit einzudämmen, haben immense negative wirtschaftliche Folgen gehabt: Die Weltwirtschaft erlebte in diesem Jahr die schwerste Rezession seit fast 100 Jahren, an den Kapitalmärkten kam es zu schweren Turbulenzen.

Hier kommen unsere Prognosen für das Jahr 2021

Doch dank umfangreicher geld- und fiskalpolitischer Hilfsmaßnahmen, die so schnell beschlossen wurden wie niemals zuvor, konnte Schlimmeres verhindert werden. In den kommenden Wochen werden wir Ihnen an dieser Stelle unsere Prognosen für das Jahr 2021 präsentieren. Heute geht es um den wirtschaftlichen Ausblick, in den nächsten Wochen folgen unsere Einschätzungen zu Zinsen, Anleihen und Währungen sowie zum Aktienmarkt. Wie im vergangenen Jahr werden wir in den nächsten Wochen die wichtigsten Aussagen in kurzen und prägnanten Videos erläutern, die wir auf unserem YouTube-Kanal veröffentlichen. Besuchen, abonnieren und liken Sie uns!

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Corona hat alle Wirtschaftsmächte hart getroffen

„Corona“, dieses neue Virus, das zunächst in der chinesischen Metropole Wuhan auftauchte, hielt die Welt das ganze Jahr über in Atem. Insofern ist es fast müßig, die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Jahr den von uns im November 2019 aufgestellten Prognosen gegenüberzustellen. So wird die globale Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um mehr als vier Prozent gegenüber 2019 sinken.

Dass das Minus nicht noch größer ausfällt, ist allein China zu verdanken, der einzigen „großen“ Volkswirtschaft, die dieses Jahr (mit einem erwarteten Plus von 2,2 Prozent) wachsen wird.

Die USA (-3,5 Prozent), Deutschland (-5,3 Prozent) sowie die gesamte Eurozone (-7,5 Prozent) wurden hingegen schwer von den beschlossenen wirtschaftlichen Einschränkungen getroffen, ebenso wie fast alle Schwellenländer. Ein starker Anstieg der Arbeitslosigkeit sowie der Verschuldung – sowohl bei Staaten als auch bei Unternehmen – sind nur zwei von vielen Indikatoren, die das Ausmaß der wirtschaftlichen Krise des Jahres 2020 verdeutlichen.

Dennoch: Besserung ist in Sicht!

So wird wohl noch in diesem Jahr ein Impfstoff in den USA und Europa zugelassen werden, der dann nach und nach produziert, verteilt und verabreicht werden wird. Eine Reihe von Unternehmen haben mit ihren Forschungsergebnissen große und ungewöhnlich schnelle Fortschritte erzielt und stehen ebenfalls in den Startlöchern, sodass eine großflächige medizinische Versorgung mit Impfstoffen im Laufe des kommenden Jahres möglich ist. 2021 wird von daher ein Jahr des konjunkturellen Aufschwungs, der zudem sehr kräftig ausfallen wird.

Wir erwarten ein Wachstum der Weltwirtschaft von 5,8 Prozent.

Doch bevor sich die Weltwirtschaft in den kommenden Monaten vom Corona-Schock erholen wird, gibt es noch einige Hürden zu überwinden.

Starker Anstieg der Neuinfektionszahlen

So sind die Neuinfektionen im Laufe des Herbst und des beginnenden Winters auf der Nordhalbkugel zuletzt stark angestiegen. Dies hat dazu geführt, dass sowohl in Europa als auch in den USA neue Kontaktbeschränkungen erlassen wurden, die sich in den kommenden Monaten negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken werden. Von daher wird die konjunkturelle Dynamik in den Industrieländern im vierten Quartal 2020 und auch zu Beginn des Jahres 2021 recht verhalten ausfallen. Doch mit dem Beginn des Frühlings und den dann vermutlich in größeren Mengen zur Verfügung stehenden Impfstoffen sollte sich das Blatt zum Besseren wenden und eine konjunkturelle Boomphase beginnen.

2021 sollte damit zum Jahr des „V“ werden:

1. Ein dynamischer und sich selbst verstärkender wirtschaftlicher Aufschwung, in dem der wirtschaftliche Schaden, der 2020 angerichtet wurde, in den meisten Ländern komplett oder zumindest nahezu aufgeholt wird und der somit tatsächlich „V“-förmig verläuft.

2. Ausgelöst wird dieser durch „v“iel geld- und fiskalpolitischen Rückenwind, der 2021 anhalten wird.

3. Unterstützt wird er durch einen Impfstoff („V“accine), der hoffentlich dazu beiträgt, das Coronavirus zu besiegen („V“ictory!).

Aufschwung für die Schwellenländer

Im nächsten Jahr wird es zu einem synchron verlaufenden Aufschwung in den Industrie- und Schwellenländern kommen. Letztere wurden mit Ausnahme Chinas 2020 wirtschaftlich besonders schwer in Mitleidenschaft gezogen. Dies lag unter anderem daran, dass es Länder wie Indien, Südafrika, Mexiko und Brasilien lange Zeit nicht geschafft haben, die Ausbreitung von Covid-19 wirkungsvoll zu unterbinden. Indien verzeichnete beispielsweise im zweiten Quartal 2020 einen auf das Gesamtjahr hochgerechneten Rückgang der realen Wirtschaftstätigkeit von 75 Prozent.

Mittlerweile hat sich allerdings das Infektionsgeschehen in fast allen Schwellenländern beruhigt, sodass wirtschaftliche Beschränkungen gelockert bzw. aufgehoben werden konnten.

Dies spiegelt sich bereits jetzt in einer deutlich Erholung vieler Wirtschaftsdaten wider.

Vor allem in Asien befinden sich die wichtigsten makroökonomischen Kennzahlen mittlerweile wieder über dem Vor-Corona-Niveau und auch über dem Niveau des Vorjahres. Länder wie Vietnam oder Taiwan werden 2020 leicht wachsen.

Wie haben es asiatische Länder geschafft die Pandemie einzugrenzen?

Dies liegt daran, dass es den meisten asiatischen Ländern sehr erfolgreich gelungen ist, die Pandemie einzugrenzen. Hinzu kommen die anhaltend hohe Güternachfrage aus den westlichen Industrieländern sowie die räumliche Nähe zu China, dessen schnelle wirtschaftliche Erholung sich positiv auf die asiatischen Handelspartner ausgewirkt hat. In Osteuropa und Lateinamerika verläuft der wirtschaftliche Aufholprozess dagegen langsamer.

China ein Garant für positive wirtschaftliche Entwicklung

China ist auch im nächsten Jahr ein Garant für eine positive wirtschaftliche Entwicklung. Mit täglichen Neuinfektionen von zuletzt etwa 50 Personen hat sich das wirtschaftliche Leben in den letzten Monaten fast vollständig normalisiert.

Es ist fast eine Ironie des Schicksals, dass China damit gestärkt aus der Coronakrise hervorgeht und den wirtschaftlichen Abstand zu den USA schneller verkürzt hat als es sonst der Fall gewesen wäre.

Die chinesische Industrieproduktion ist seit dem Sommer stark gewachsen und damit zum Motor der Konjunkturerholung geworden. Die positive Entwicklung der Einkaufsmanagerindizes zeigt, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Hinzu kommt, dass die heimische Nachfrage noch Nachholpotenzial hat. So liegen die Einzelhandelsumsätze nur um gut vier Prozent über dem Vorjahresniveau, während es vor der Krise gut acht Prozent waren. Von daher rechnen wir für 2021 mit einem Wirtschaftswachstum von 9,5 Prozent (IWF: 8,2 Prozent).

Chinas Dominanz in Asien wird durch das neue Freihandelsabkommen RCEP unterstrichen

Dies sind gute Nachrichten für die chinesischen Handelspartner, allen voran für die aufstrebenden Wachstumsmärkte in Südostasien. Chinas wirtschaftliche Dominanz in Asien wird unterstrichen durch das neue Freihandelsabkommen RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership), dem neben China 14 weitere Länder angehören und das wirtschaftlich bedeutender ist als die Europäische Union oder die nordamerikanische Freihandelszone USMCA, da rund 30 Prozent des globalen Handels hiervon betroffen sind. Für alle Mitgliedsländer sind vom Außenhandel vom kommenden Jahr an zusätzliche Wachstumsimpulse zu erwarten, sodass Asien 2021 die am stärksten wachsende Wirtschaftsregion wird.

Kräftiger Wirtschaftsaufschwung für die USA

Die USA werden im nächsten Jahr ebenfalls einen kräftigen Wirtschaftsaufschwung erleben. Neben der anhaltend expansiven Geldpolitik, für die die US-Notenbank sogar noch vor Weihnachten zusätzliche Maßnahmen beschließen könnte, sind auch von der Fiskalpolitik weitere Impulse zu erwarten. Bis es soweit ist, wird aber noch Zeit vergehen. Dies liegt zum einen daran, dass die USA derzeit die dritte Welle des Virus erleben. Zum anderen verzögert sich die Übergabe der Amtsgeschäfte vom alten auf den neuen Präsidenten, und Demokraten und Republikaner stehen sich im Kongress derzeit noch unversöhnlich gegenüber.

Dennoch dürfte es zu den ersten Amtshandlungen des neuen Präsidenten Joe Biden gehören, weitere Finanzhilfen für US-Privathaushalte und Unternehmen auf den Weg zu bringen, um die Zeit bis zum Frühjahr zu überbrücken.

Mit den wärmeren Temperaturen und der zunehmenden Verfügbarkeit eines Impfstoffes wird es ab dem zweiten Quartal zu einer deutlichen Beschleunigung der konjunkturellen Dynamik kommen. Diese Schlussfolgerung lässt sich aus dem dritten Quartal dieses Jahres ziehen, das gezeigt hat, dass sich die Wirtschaft bei einer Rückkehr zu „normalen“ Verhältnissen wesentlich dynamischer und schneller erholt hat, als dies allgemein erwartet wurde.

Aufholprozess in den USA wird getragen vom privaten Konsum

Getragen wird der wirtschaftliche Aufholprozess weiterhin vom privaten Konsum, der von einer immer noch hohen, wenn auch abnehmenden Sparquote profitiert, der zu erwartenden sukzessiven Belebung des Arbeitsmarktes und dem boomenden Häusermarkt.

Trotz der deutlich gestiegenen Arbeitslosigkeit ist die finanzielle Situation der US-Haushalte wesentlich solider als es während der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 der Fall war:

Der Durchschnittsamerikaner hat wesentlich weniger Schulden, für die er zudem noch eine deutlich geringere Zinsbelastung zu tragen hat.

Auch für das dritte Quartal rechnen wir noch mit einem überdurchschnittlich guten Wirtschaftswachstum, da sich auch die Investitionen und der Außenhandel im Jahresverlauf beleben werden. Für 2021 erwarten wir insgesamt einen Zuwachs des realen Bruttoinlandsproduktes von 4,5 Prozent. Dies bedeutet, dass die gesamtwirtschaftliche Leistung schon Ende des dritten Quartals wieder auf dem Vorkrisenniveau liegt.

2021 wird für Deutschland ein wirtschaftlich erfolgreiches Jahr

Auch für Deutschland wird 2021 ein wirtschaftlich erfolgreiches Jahr. Der im November erfolgte Teil-Lockdown der deutschen Wirtschaft wird natürlich seinen ökonomischen Tribut fordern und zu einem leichten Rückgang der Wirtschaftsaktivität im vierten Quartal führen. Die gezielten und zeitlich limitierten wirtschaftlichen Beschränkungen werden jedoch wesentlich geringere ökonomische Schäden anrichten als die allgemeinen und sehr umfassenden Einschränkungen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens im April und Mai dieses Jahres.

Für das erste Quartal 2021 rechnen wir noch nicht mit einer starken wirtschaftlichen Belebung, doch ab dem zweiten Quartal ist von einer signifikanten Wachstumsbeschleunigung auszugehen. Die deutsche Wirtschaft wird traditionell stärker als andere Volkswirtschaften von der Industrie und vom Außenhandel beeinflusst.

Die Nachfrage nach Produkten „Made in Germany“ dürfte sich im nächsten Jahr deutlich beleben, nicht zuletzt weil Deutschlands wichtigster Handelspartner China und der größte Exportmarkt, die USA, stark wachsen werden.

Nachdem sowohl die Ausfuhren als auch die Ausrüstungsinvestitionen 2020 eingebrochen sind, ist 2021 mit einem starken Aufholeffekt zu rechnen.

Exporte werden sogar um 16 Prozent zunehmen.

Die Exporte dürften um rund zehn und die Investitionen sogar um gut 16 Prozent zunehmen. Da spätestens im Frühjahr mit der Verteilung eines Corona-Impfstoffs begonnen wird, dürfte dies auch das Vertrauen der Privathaushalte stützen. Nicht nur Urlaubsreisen, sondern auch „normale“ Konsumausgaben werden hiervon profitieren, so dass der private Verbrauch 2021 rund fünf Prozent höher ausfällt als in diesem Jahr. Wie in den USA kann auch in Deutschland schon in der zweiten Jahreshälfte 2021 das wirtschaftliche Vorkrisenniveau wieder erreicht werden. Alles in allem wird das deutsche BIP im Gesamtjahr um 4,8 Prozent gegenüber 2020 zulegen.

Auch für die Eurozone rechnen wir mit Wirtschaftswachstum

Für die Eurozone rechnen wir 2021 mit einem Wirtschaftswachstum von fast sechs Prozent, dennoch reicht dies nicht aus, um die in diesem Jahr erlittenen wirtschaftlichen Verluste wieder vollständig wettzumachen.

Dies wird wohl erst zu Beginn des Jahres 2022 der Fall sein.

Die im Vergleich zu Deutschland schwächere Entwicklung ist auf zwei wesentliche Unterschiede zurückzuführen. Zum einen hat Deutschland davon profitiert, dass die Eindämmung des Virus schneller und besser gelang als in anderen europäischen Ländern. Dies war sowohl im Frühjahr 2020 der Fall und ist auch jetzt wieder zu beobachten. Folglich wurden weniger strenge wirtschaftliche Beschränkungen auferlegt, die zudem auch nicht so lange anhielten wie in anderen europäischen Ländern.

Dienstleistungssektor dominiert in den meisten europäischen Volkswirtschaften

Zum anderen profitiert die deutsche Wirtschaft von der immer noch hohen Bedeutung der Industrie, während für alle anderen europäischen Volkswirtschaften der Dienstleistungssektor wesentlich dominanter ist als für Deutschland. Dienstleistungen tragen jedoch die Hauptlast der erlassenen Kontaktbeschränkungen.

Aus diesem Grund ist der wirtschaftliche Einbruch in fast allen anderen Ländern der Eurozone in diesem Jahr wesentlich stärker als in Deutschland. Zwar hat sich die Wirtschaft in der gesamten Eurozone im dritten Quartals überaus kräftig erholt, doch werden Länder wie Spanien, Italien und Frankreich im vierten Quartal erneut stärker unter den neuen wirtschaftlichen Beschränkungen leiden als Deutschland.

Vor allem Spanien, für das der Tourismus eine wesentliche Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung hat, ist der Hauptleidtragende der Corona-Pandemie in der Eurozone.

Mit der sich abzeichnenden Belebung im Laufe des nächsten Jahres gibt es aber gerade für diese Länder auch einen Silberstreif am Horizont, weil sich ihre Wirtschaft mit höheren Wachstumsraten erholen wird. Aus heutiger Sicht ist aber dennoch nicht davon auszugehen, dass die Wirtschaft 2021 so dynamisch wächst, dass der gesamte in diesem Jahr entstandene Schaden ausgeglichen wird.

Doch 2022 wird es auch hier soweit sein.

Alles in allem scheint es uns also angebracht zu sein, mit viel Zuversicht ins neue Jahr zu schauen. Wie sich diese Einschätzungen auf die Kapitalmärkte auswirken, lesen Sie in den nächsten Wochen.

Foto: Unsplash Julia Craice

Autor: Carsten Klude

Carsten Klude studierte nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Bank VWL mit Schwerpunkt Ökonometrie in Kiel. 1996 kam er zu M.M.Warburg & CO, für die er zunächst die europäischen Kapitalmärkte analysierte und später mit der Leitung des Makro-Research betraut wurde. Seit dem Jahr 2009 ist Herr Klude Mitglied im Investmentrat von M.M.Warburg & CO und verantwortet seit dem Sommer 2013 das Asset Management der Bank. Zusätzlich ist Herr Klude seit dem Jahr 2010 Mitglied im Ausschuss für Wirtschafts- und Währungspolitik des Bundesverbandes deutscher Banken e.V., dessen Vorsitz er von 2015 bis 2018 inne hatte.

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