Aktienmarktindizes: Wie groß ist das Klumpenrisiko?
17. Mai 2024Jeden Tag begegnen uns Produkte von Microsoft, Apple, Amazon, Meta (u.a. Facebook, Instagram und WhatsApp), NVIDIA und Alphabet (Google). Aber auch in vielen Wertpapierdepots nehmen die US-Unternehmen aufgrund ihrer hohen Marktkapitalisierung eine prominente Rolle ein. Dabei finden sie entweder direkt als Einzeltitel Einzug in das Depot oder sind in Aktienfonds prominent vertreten.
So beträgt das Portfoliogewicht von Microsoft im MSCI World rund 4,4 Prozent – bei einem Index, der sich aus 1.465 Einzeltiteln zusammensetzt, ist das ein beachtliches Gewicht. Aber auch Apple (rund vier Prozent) und Amazon (rund 2,6 Prozent) sind Schwergewichte im MSCI World. Die US-Unternehmen nehmen allerdings nicht nur im MSCI World Index eine dominante Rolle ein, sondern sind auch in anderen populären Indizes wie dem S&P 500 oder Nasdaq 100 Index prominent vertreten.
Was bedeutet das?
Nicht selten halten Anleger neben dem MSCI World ETF auch einen S&P 500 und/oder Nasdaq 100 ETF in ihrem Portfolio, sodass die Gefahr von Klumpenrisiken auf Einzeltitel- sowie Länder- und Sektorebene kräftig ansteigt. Wie hoch das Klumpenrisiko bei den drei beliebten Aktienmarktindizes ausfällt und wie Sie gegensteuern können, erfahren Sie in dieser Ausgabe von Konjunktur und Strategie.
Klumpenrisiken auf Einzeltitelebene
Mögliche Klumpenrisiken in einem Index lassen sich beispielsweise an der Summe der zehn größten Portfoliogewichte erkennen. Beim MSCI World Index machen die zehn größten Positionen rund 22 Prozent aus. Im S&P 500 und Nasdaq 100 Index machen die zehn größten Positionen 32 beziehungsweise 47 Prozent aus. Mit anderen Worten: Der Großteil der Performance und der Wertschwankungen der drei beliebten Aktienmarktindizes wird durch einige wenige Titel bestimmt.
Wie extrem die Konzentration ausfällt, wird anhand der obigen Abbildung deutlich.
So bilden die 50 größten Unternehmen im S&P 500 Index bzw. die zehn Prozent größten Unternehmen knapp 60 Prozent des Gesamtindex.
Das liegt daran, dass die Gewichtung im S&P 500 – wie auch in den meisten Aktienmarktindizes – auf Basis der Marktkapitalisierung erfolgt, sprich Unternehmen mit einer höheren Marktkapitalisierung erhalten im Index ein relativ höheres Gewicht. Beim gleichgewichteten S&P 500 Index beläuft sich die Summe der 50 größten Unternehmen logischerweise auf zehn Prozent – eine Differenz von knapp 50 Prozentpunkten im Vergleich zur Gewichtung auf Basis der Marktkapitalisierung! Die Gewichte der 150 größten Unternehmen (30 Prozent aller Titel) summieren sich sogar auf knapp 80 Prozent und mit der Hälfte aller Positionen werden rund 90 Prozent des Gesamtindex abgebildet. Ein qualitativ analoges Bild ergibt sich für den MSCI World und Nasdaq 100 Index.
Länder- und Sektorenkonzentration
Aber nicht nur auf Einzeltitelebene läuten unter Risikogesichtspunkten die Alarmglocken, sondern auch bei einem Blick auf die Länder- und Sektorenverteilung.
So beträgt das Gewicht von US-Aktien im MSCI World Index, der die Aktienmärkte von 23 Industrieländern abdeckt, rund 70 Prozent.
Mit einem Länderanteil von rund sechs Prozent liegt Japan als zweitgrößtes Land im MSCI World deutlich hinter den USA. Darüber hinaus unterstreicht eine Auswertung der Sektorenverteilung im MSCI World und im S&P 500 Index die hohe Gewichtung von Technologietiteln: Während im MSCI World Index fast jedes vierte Unternehmen aus dem Technologiesektor stammt, ist es im S&P 500 Index sogar fast jedes dritte. Hält man neben dem MSCI World und dem S&P 500 Index womöglich noch Themenfonds mit den Schwerpunkten „Artificial Intelligence“, „Robotics“ oder „Cyber Security“, erhöht sich das Klumpenrisiko auf Einzeltitel-, Länder- und Sektorebene weiter.
Wie sollten Anleger/-innen vorgehen?
Um mögliche Klumpenrisiken zu erkennen und gegebenenfalls gegenzusteuern, empfehlen wir drei Schritte:
- Zunächst sollte mit Hilfe einer Depotanalyse eine Länder- und Sektorverteilung erstellt werden. Dazu müssen auch Fonds in ihre Einzelpositionen zerlegt werden, sodass mögliche Doppelungen von Einzeltiteln sichtbar werden. Die Ergebnisse sind teils überraschend!
- Im nächsten Schritt wird der Status quo des Portfolios mit der taktischen Zielallokation abgleichen. Ist ein mögliches Klumpenrisiko auf Einzeltitel-, Länder- oder Sektorebene wirklich gewollt und stimmig mit dem eigenen Zielbild? Wichtig: Ein Klumpenrisiko, beispielsweise in Form einer hohen Gewichtung der USA oder des Technologiesektors, muss grundsätzlich nicht verkehrt sein, wenn man der Meinung ist, dass der US-Aktienmarkt und der Technologiesektor mit Blick nach vorne überdurchschnittliche Renditen erzielen. Eine zu extreme Konzentration auf einzelne Länder und Sektoren ist unserer Meinung nach unter Diversifikationsgesichtspunkten für den Vermögensaufbau nicht zielführend. Denn das gesamte Kapital auf ein Pferd zu setzen, birgt erhebliche Risiken!
- Sollten bestimmte Klumpenrisiken nicht gewollt sein, muss gegengesteuert werden.
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Welche Handlungsmöglichkeiten existieren?
Zunächst können einzelne Länder- oder Branchenindizes dem Portfolio beigemischt werden, um zu hohe Konzentrationen abzubauen. Häufig ist der hohe US-Anteil im MSCI World Index vielen Anlegern ein Dorn im Auge. Für diesen Fall werden bereits global ausgerichtete Aktienmarktindizes angeboten, die die USA vollständig ausklammern.
Klumpenrisiken lassen sich aber auch durch gleichgewichtete Indizes reduzieren.
Jede Position erhält im Index das gleiche Gewicht, sodass größere (kleinere) Unternehmen relativ untergewichtet (übergewichtet) werden. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt beispielsweise, dass der gleichgewichtete S&P 500 Index im Zeitraum 2000 bis 2011 eine relativ bessere Wertentwicklung aufwies als sein Pendant mit einer Gewichtung auf Basis der Marktkapitalisierung. Zuletzt aber waren es insbesondere die großen US-Unternehmen, die eine überdurchschnittliche Performance erzielten, sodass sich der gleichgewichtete S&P 500 Index relativ unterdurchschnittlich entwickelte.
Wie lautet unser Fazit?
Anleger/-innen sollten sich der möglichen Klumpenrisiken in ihrem Portfolio bewusst sein. Vor allem wenn Sie den MSCI World, den S&P 500, den Nasdaq 100 und/oder Themenfonds mit einem Schwerpunkt auf Technologieaktien allokiert haben, ist die Gefahr groß, dass die Wertentwicklung und die Schwankungen des Portfolios auf einige wenige Titel zurückzuführen sind.
Gleichzeitig dürfte ein solches Depot eine hohe Konzentration auf den US-Aktienmarkt und den Technologiesektor aufweisen.
Eine solche Konzentration muss nicht per se „falsch“ sein, sie weicht im ungünstigsten Fall aber deutlich von der eigenen Zielallokation ab. Daher ist es unerlässlich, das eigene Portfolio regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen.
Foto von Loic Leray von Unsplash
Autor: Simon Landt
Simon Landt hat einen Bachelor der Volkswirtschaftslehre der Universität Kiel sowie einen Master in Quantitative Finance und in Quantitative Economics an der Universität Kiel und an der School of Economics and Business der Universität Ljubljana absolviert. Nach seinem einjährigen Traineeprogramm startete er als Analyst im Makro Research. Seit Oktober 2021 arbeitet Simon Landt im Makro Research zusammen mit Carsten Klude und Dr. Christian Jasperneite. Er ist spezialisiert auf Analysen des aktuellen Marktumfeldes und die Bedeutung für Aktien- und Anleihenmärkte. Seit März 2024 unterrichtet Simon Landt den Masterkurs „Portfolio- und Assetmanagement“ an der Northern Business School.
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