Aktienmärkte kräftig im Minus: Was das für Anleger jetzt bedeutet

Nach einem erfreulichen Aktienmarktjahr 2021 mit größtenteils prozentual zweistelligen Wertzuwächsen hat sich die Situation seit Jahresbeginn deutlich verändert. Die weltweiten Aktienmärkte sind in eine Konsolidierungsphase eingetreten, und die meisten Indizes liegen im Minus. Technologiewerte, die in den vergangenen Jahren die Börsenrallye angeführt haben, weisen dabei die höchsten Verluste auf.

Es gibt verschiedene Gründe, die zu dieser Entwicklung beitragen:

  1. Die weltweit hohen Inflationsraten haben zu einer Neubewertung der zukünftigen Geldpolitik geführt. Es wird erwartet, dass die US-Notenbank im März beginnt, die Zinsen zu erhöhen. Bis Jahresende wird mittlerweile von vier bis fünf Zinserhöhungen ausgegangen, weitere Schritte dürften 2023 folgen. Die EZB hat dagegen bisher betont, in diesem Jahr an ihrer Geldpolitik festhalten zu wollen. Andere Notenbanken werden dem Vorbild der Federal Reserve folgen und ebenfalls die Zinsen erhöhen. Die aktuell laufende Omikron-Welle spielt an den Kapitalmärkten keine große Rolle. Einzig die Null-Covid-Strategie in einigen asiatischen Ländern, vor allem in China, bleibt ein Seit Risikofaktor, da weitere Lockdowns möglich sind, die negative Auswirkungen auf die Produktion und Lieferketten haben könnten. Dies würde eine Normalisierung der Inflation verzögern und könnte dementsprechend weitere Zinserhöhungen der Notenbanken erfordern.
  2. Seit Jahresbeginn sind die Zinsen an den internationalen Kapitalmärkten aufgrund von Inflationssorgen und der erwarteten Reaktion der Geldpolitik angestiegen. Vor allem sogenannten Growth-Aktien, zu denen vor allem Technologiewerte gehören, reagieren sehr sensibel auf Zinsveränderungen. Da an den Kapitalmärkten aber bereits eine restriktivere Geldpolitik erwartet wird, ist das Potenzial für weitere negative Überraschungen gesunken.
  3. Zunehmende politische Spannungen zwischen Russland und der Ukraine bzw. Russland und der NATO erhöhen die wirtschaftlichen Unsicherheiten und vermindern den Risikoappetit der Anleger. An der Börse hat dies zu einem starken Stimmungswechsel geführt, die Mehrzahl der Marktteilnehmer ist mittlerweile „bearish“, erwartet also weiter fallende Kurse. Die Anlegerstimmung ist jedoch häufig ein Kontraindikator. Eine Eskalation im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine kann zwar nicht mehr ausgeschlossen werden, allerdings weiß die russische Regierung, dass sie in diesem Fall einen hohen Preis in Form wirtschaftlicher Sanktionen zu zahlen hätte. In West-Europa müsste man mit weiter steigenden Energiepreisen rechnen. Ost und West sollten von daher Interesse an einer Deeskalation haben, so dass ein ernsthafter kriegerischer Konflikt vermieden werden kann. Ein Restrisiko bleibt aber bestehen. Die Aktienmärkte haben in den vergangenen Tagen begonnen, ein negatives Szenario einzupreisen.
  4. Trotz der oben angeführten negativen Punkte ist das positive globale Konjunkturszenario bislang intakt. Wichtige Frühindikatoren (Einkaufsmanagerindizes, Ifo-Geschäftsklimaindex) zeichnen weiterhin ein positives Bild von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung.
  5. Die Berichtssaison ist gut angelaufen und zeigt ein weiteres Mal eine Vielzahl an positiven Überraschungen. Die meisten Unternehmen sind trotz gestiegener Inputkosten in der Lage, gute Gewinne zu erzielen.

Trotz des schwachen Jahresauftakts, der auch zu einer deutlichen Eintrübung der Markttechnik geführt hat, gehen wir davon aus, dass sich die Aktienkurse wieder erholen werden. Solange es nicht zu einer gravierenden wirtschaftlichen Abschwächung kommt, sollten die sich verbessernden Unternehmensgewinne und die zuletzt wieder gesunkenen Bewertungen zu neuen Mittelzuflüssen in den Aktienmarkt führen. Die veränderte Geldpolitik spiegelt sich zudem unserer Meinung nach bereits ausreichend in den Erwartungen wider.

Fazit: Der positive Ausblick für die Konjunktur und die Unternehmensgewinne überwiegt das Risiko steigender Zinsen.

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Autor: Carsten Klude

Carsten Klude studierte nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Bank VWL mit Schwerpunkt Ökonometrie in Kiel. 1996 kam er zu M.M.Warburg & CO, für die er zunächst die europäischen Kapitalmärkte analysierte und später mit der Leitung des Makro-Research betraut wurde. Seit dem Jahr 2009 ist Herr Klude Mitglied im Investmentrat von M.M.Warburg & CO und verantwortet seit dem Sommer 2013 das Asset Management der Bank. Zusätzlich ist Herr Klude seit dem Jahr 2010 Mitglied im Ausschuss für Wirtschafts- und Währungspolitik des Bundesverbandes deutscher Banken e.V., dessen Vorsitz er von 2015 bis 2018 inne hatte.

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