1.000 DAX-Punkte in acht Wochen – Ist das erst der Anfang des Kapitalmarkt-Frühlings?

Seit Anfang des Jahres haben die Aktienmärkte rund um den Globus massiv zugelegt und einen nicht unerheblichen Teil der Verluste aus dem letzten Jahr wieder aufgeholt. Nur weil sich der Aktienmarkt gegenläufig zu den Konjunkturdaten entwickelt, muss das nicht bedeuten, dass die Konjunkturdaten vor einem Richtungswechsel stehen. Wir haben uns die Marktdaten und die Konjunkturdaten mithilfe einer empirischen Prüfung genauer angesehen. 

Manchmal sind die Kapitalmärkte ein wenig zum Verzweifeln. Dabei freuen wir uns durchaus über steigende Aktienkurse, nur fällt es uns schwer, den Anstieg zu verstehen. Seit Anfang des Jahres haben die Aktienmärkte rund um den Globus massiv zugelegt und einen nicht unerheblichen Teil der Verluste aus dem letzten Jahr wieder aufgeholt. Das Ganze passiert allerdings vor dem Hintergrund kontinuierlich schlechter werdender Konjunkturdaten. So liegt beispielsweise das Warburg Konjunkturzyklusmodell seit vielen Wochen bei etwa 10 %; ein derart niedriges Niveau wurde bisher selten beobachtet. Gleichzeitig befinden sich die Gewinnschätzungen für viele Aktienmärkte im Rückwärtsgang. Diese Entwicklung erinnert alte Hasen ein wenig an Ende 2001.

Aktienmärkte im Rückwärtsgang: Wiederholt sich 2001?

Damals zeigten ebenfalls nahezu sämtliche Konjunkturdaten Richtung Süden. Doch ab Oktober 2001 kam es zu einer signifikanten Erholung an den Aktienmärkten, so dass viele Marktteilnehmer von schlechten Konjunkturdaten nichts mehr wissen wollten.

So hieß es beispielsweise in einem Artikel der FAZ vom 2.12.2001:

„Aus einer typischen Branchenrotation wurde im November ein klarer Trend: Der Markt spekuliert auf die Konjunkturwende.“

Damals gingen tatsächlich viele davon aus, dass die guten Marktdaten bessere Konjunkturdaten vorwegnahmen; dementsprechend trauten sich bei weiter steigenden Kursen immer mehr Investoren, ihre Aktienquoten wieder aufzustocken.

Wie dieses Spiel ausging, wird heute manchmal vergessen

Die kleine Rallye Ende 2001 entpuppte sich als böse Falle – nach Erreichen eines Zwischenhochs fiel der DAX erneut, und zwar um über 50%. Von einer erhofften und angeblich von den Märkten vorweggenommenen konjunkturellen Erholung war nichts zu sehen; diese stellte sich erst etwa 18 Monate später ein, nachdem der DAX zwischenzeitlich auf 2200 Punkte gefallen war. Natürlich wollen wir mit diesem historischen Beispiel nicht suggerieren, dass uns zwangsläufig wieder Ähnliches bevorsteht, aber auch jetzt halten wir den Anstieg nicht für fundamental begründet.

Die Geschichte wiederholt sich nie perfekt, und das gilt auch für Kapitalmärkte. Aber wie schon Mark Twain sagte:

„History doesn’t repeat itself, but it often rhymes.“

Mit anderen Worten: Ein bisschen Wahrheit könnte durchaus in dieser Geschichte stecken. Nur weil sich der Aktienmarkt gegenläufig zu den Konjunkturdaten entwickelt, muss das nicht bedeuten, dass die Konjunkturdaten vor einem Richtungswechsel stehen. Letztlich sind Fundamentaldaten viel stabiler und weniger „verrauscht“ als Marktdaten. Wenn es zu Diskrepanzen zwischen Fundamentaldaten und Marktdaten kommt, erscheint aus dieser Perspektive die Wahrscheinlichkeit höher, dass sich die Marktdaten „irren“ und eben nicht die Fundamentaldaten.

Wie aussagekräftig sind die Marktdaten, wie sehr die Konjunkturdaten?

Doch ist dem wirklich so? Zumindest auf den ersten Blick erscheint dies mehr als logisch, doch manchmal ist eine genaue empirische Prüfung notwendig, um zu endgültig belastbaren Aussagen zu kommen. Um diese Prüfung vorzunehmen, haben wir folgendes Modelldesign einem Test unterzogen. In einem ersten Schritt haben wir auf Basis unseres seit 2013 verfügbaren, täglichen Echtzeit-Konjunkturmodells jeden Tag anhand einer Regressionsanalyse einen „fairen“ Indexwert errechnet, der sich aus der globalen konjunkturellen Lage ergibt. Da unser Modell den Anspruch aufweist, die Entwicklung der Weltwirtschaft zu beschreiben, haben wir als Aktienindex den MSCI Welt gewählt. Natürlich liegt der tatsächliche MSCI Welt so gut wie nie auf dem vermeintlich „fairen“ Wert auf Basis der konjunkturellen Entwicklung.

Vielmehr kommt es ständig zu Unter- und Übertreibungen, die sich in Indexständen ober- und unterhalb des regressionsanalytischen Wertes äußern. Wenn nun in der Abweichung des Aktienmarktes von dem fundamental „logischen“ Wert ein zusätzlicher Informationsgehalt läge, müsste sich das wie folgt zeigen:

Angenommen, der Indexstand des fundamental hergeleiteten MSCI Welt läge (wie es aktuell der Fall ist) unter dem tatsächlichen Wert. Wenn man der Auffassung folgt, dass der Aktienmarkt in seiner Informationsverarbeitung besonders effizient und eben nicht verrauscht ist, müsste eine positive Abweichung als Zeichen gewertet werden, auch in den kommende Tagen und Wochen eher auf Aktien zu setzen, da auch bei den Konjunkturdaten eine Trendumkehr zum Besseren wahrscheinlich wird und von der positiven Marktentwicklung antizipiert wurde. Analog müsste ein tatsächlicher Indexstand unterhalb eines fundamental abgeleiteten Wertes eher als negatives Signal interpretiert werden. Genau diese Untersuchung haben wir durchgeführt.

Wir bleiben dabei: Einige Wochen mit überraschend guten Marktdaten machen leider noch keinen Frühling.

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Christian Jasperneite

Autor: Dr. Christian Jasperneite

Dr. Christian Jasperneite studierte an der Universität Passau VWL und promovierte anschließend an der Universität Passau am Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Harvard University begann er im Jahr 2000 als Analyst im Makro-Research von M.M.Warburg & CO. Seit Anfang 2009 ist Dr. Jasperneite Chief Investment Officer bei M.M.Warburg & CO und verantwortet dort u.a. Fragen der strategischen und taktischen Allokation sowie der Portfoliokonstruktion und der Produktentwicklung.

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